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Spekulationen auf einen Angebotsengpass haben die Preise bei Mais auf Höchststände getrieben.

Foto: Reuters/Stringer

Der jüngste Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums zu den weltweiten Lagerbeständen an Getreide, Soja und Mais löste eine Rally bei Agrarrohstoffen aus. Es wird heuer nicht die letzte Rally sein, befürchten Experten.

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Washington/Wien - "Sinkende Lager, weniger Angebot, mehr Nachfrage". - Mit dieser Zusammenfassung bringt Ernst Gauhs, Bereichsleiter bei der Raiffeisen Ware Austria (RWA), die derzeitige Situation auf den Agrarmärkten auf den Punkt. Die Zuspitzung der Lage bei allen wichtigen Agrarrohstoffen liege in den schlechten Ernten des Vorjahres (Dürre in Russland, mittelmäßige Ernten in der EU, verregnete Saison in Kanada) begründet und gipfle jetzt in den Schäden, die die Flut auf Australiens Feldern anrichtet.

Ein Bericht des US-Landwirtschaftsministeriums (USDA, US-Department of Agriculture) von dieser Woche zu niedrigen US-Lagerbeständen sorgte für weitere Nervosität. Spekulationen auf einen Angebotsengpass trieben die Preise für Sojabohnen und Mais auf den höchsten Stand seit rund zweieinhalb Jahren.

"Es gibt international noch genug Lagerbestände, aber die werden kräftig abgebaut", erläutert Gauhs. Auch Österreich kann sich von den internationalen Trends nicht abkoppeln. "Bis zur nächsten Ernte gibt es ausreichend Lagerbestände, etwa bei Weizen", beruhigt er, "aber die Preise gehen spürbar in die Höhe."

Angesichts des Preisauftriebs beobachtet Monika Rosen, Chefanalystin Private Banking bei der UniCredit, dass solche Werte unter Druck kommen, die auf billige Agrargüter angewiesen sind, etwa der US-Industrieproduzent von Hühnern, Tyson. "Die derzeitige Situation ist schlecht für Fleischverarbeiter", sagt Rosen.

Biosprit

Auch Ethanolproduzenten, die Agrarbenzin aus Weizen oder Mais herstellen, spüren die hohen Einkaufspreise. Bei der Agrana, Betreiberin des Bioethanolwerkes in Niederösterreich, heißt es, dass die Rohstoffpreise seit dem dritten Quartal angezogen haben - allerdings sei auch der Preis für Bioethanol in die Höhe geschossen.

Auf der Positivseite der Aktienentwicklung stehen die Hersteller von landwirtschaftlichen Maschinen und Traktoren, die, so Rosen, "Gewinner der Situation sind". Auch Gauhs meint, dass eine Attraktivierung der Landwirtschaft vieles von den derzeitigen Problemen lösen würde. "Insbesondere in Entwicklungsländern muss es wieder attraktiv werden, in die Landwirtschaft zu investieren", sagt er. Dies umso mehr, als die langfristigen Trends dafür sprechen, dass die Zeit der billigen Nahrungsmittel vorbei ist.

Erst im Vorjahr wurde in dem von der OECD und der UN-Ernährungsorganisation FAO herausgegebenen "Agricultural Outlook" für 2010 bis 2019 ein Aufwärtstrend prognostiziert. Demnach werden die steigende Weltbevölkerung, die wachsende Nachfrage in Schwellenländern sowie die Biokraftstoffproduktion die Nahrungsmittelpreise nachhaltig um 40 Prozent hinaufschnellen lassen. Wenn die agrarische Produktion nicht ausgeweitet wird, sei wegen wachsender Unsicherheit bei der Lebensmittelversorgung mit Aufruhr zu rechnen - wie derzeit in Tunesien zu beobachten. (Johanna Ruzicka, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 14.1.2011)