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Benzin und Diesel sind seit Anfang Dezember um zehn bis zwölf Cent gestiegen - mehr als die Steuererhöhung ausmacht.

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Wien/Frankfurt - Der Ölpreis hat sich binnen zweier Jahre mehr als verdreifacht und setzt nun erneut zum Sprung über die Marke von 100 Dollar (77,50 Euro je Fass zu 159 Litern) an. "Es ist nicht eine Frage des Ob, sondern des Wann, dass diese psychologisch wichtige Marke durchstoßen wird", sagte Barbara Lambrecht, Analystin der Commerzbank zum Standard.

Der steile Preisanstieg bei Rohöl habe so gut wie nichts mit Angebotsengpässen zu tun. "Es gibt genug Öl am Markt, auch wenn die Nachfrage zuletzt aufgrund des besser als erwartet brummenden Konjunkturmotors gestiegen ist", sagte Johannes Benigni, Österreichchef des Energieberatungsunternehmens JBC Energy. Es seien insbesondere Finanzinvestoren, die auf höhere Erträge spekulierten. "Das wird so lange gehen, bis die Zinsen steigen. Dann wird das Geld wieder massiv von Gold, Öl und anderen Commodities in festverzinsliche Papiere fließen", ist Benigni überzeugt.

An eine Wiederholung des Szenarios von 2008, als der Ölpreis in der Boomphase auf 147 Dollar je Fass explodierte, glaubt Benigni nicht. "Die Rahmenbedingungen sind ganz anders. Statt nur zwei Millionen Fass an Reserven gibt es jetzt fünf Millionen Fass pro Tag an Überschusskapazitäten." Die Opec könne bei Bedarf rasch zusätzliches Öl fördern.

Im Vorjahr sei der Nachfragezuwachs nach Rohöl unterschätzt worden. Derzeit habe es den Anschein, als ob die Nachfrage für 2011 überschätzt werde. Benigni verweist auf die in vielen Ländern angelaufenen Sparprogramme und die auslaufenden Konjunkturprogramme, die die Nachfrage nach Rohöl zügeln könnten.

Dämpfer erwartet

Einen zusätzlichen Dämpfer könnte es geben, wenn Schwellenländer wegen Budgetproblemen Treibstoff-Subventionen einstellen und das Geld in die Preisstützung von Nahrungsmitteln umlenken. Im Jahresschnitt 2011 rechnet Benigni mit Rohölpreisen um die 87 Dollar je Fass.

Auch Commerzbank-Analystin Lambrecht sieht den Ölpreis nach dem aktuellen Höhenflug wieder bröckeln: "In der zweiten Jahreshälfte 2011 sollten wir Preise um die 85 Dollar je Fass sehen." Am Donnerstag hielt sich der Preis für die in Europa maßgebliche Nordseesorte Brent bei knapp 99 Dollar, für die US-Sorte West Texas Intermediate bei 91,75 Dollar.

Die deutlichen Preissteigerungen an den heimischen Zapfsäulen gehen aber nur zum Teil auf die internationalen Entwicklungen zurück. Mit Jahresbeginn wurde auch die Mineralölsteuer angehoben - um 4,8 Cent bei Benzin (inklusive Mehrwertsteuer), um sechs Cent bei Diesel. "Es hat nur elf Tage gedauert, bis die Erhöhung 1:1 an die Kunden weitergegeben wurde", sagt Lydia Ninz vom ARBÖ.

Laut aktuellem Treibstoffmonitor des Wirtschaftsministeriums kostete Diesel am Montag durchschnittlich 1,25 Euro, Eurosuper 1,294 Euro und Super Plus 1,441 Euro. Seit 20. Dezember sind die Preise damit um 5,3 bis 6,6 Cent gestiegen. Allerdings: Die Preise haben bereits vorher deutlich angezogen. Anfang Dezember waren sie im Schnitt noch um zehn bis zwölf Cent niedriger als jetzt. Zudem kritisiert der ÖAMTC, dass die Werte im Treibstoffmonitor eher zu niedrig angesetzt sind.

Im internationalen Vergleich ist Treibstoff in Österreich aber weiter relativ günstig. Darauf verweist auch die Mineralölindustrie. Laut EU-Kommission ist Eurosuper in Österreich um 14,93 Cent günstiger als im EU-Schnitt. Bei Diesel sind es 4,6 Cent. Ebenfalls interessant: Die Treibstoffpreise waren zwar 2010 für ein Drittel der Inflation verantwortlich. Im Kaufkraftvergleich zu 1980 ist Benzin heute aber deutlich günstiger, zeigte jüngst eine Wifo-Analyse. (Günther Oswald, Günter Strobl, DER STANDARD; Print-Ausgabe, 14.01.2010)