Grasser redete viel und sagte nichts.

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Medienphänomen Karl-Heinz Grasser: Seinen Auftritt bei der "ZiB 2" am Mittwoch verfolgten 683.000 Zuschauer, das bedeutet die beste Quote seit Oktober 2008, rechnet die APA vor.

Die öffentliche Anziehungskraft des ehemaligen Finanzministers ist erstaunlich - und fast kommt so etwas wie Mitleid auf. Denn Grasser fühlt sich ja von den Medien verfolgt, wie er in der "ZiB 2" zum wiederholten Mal wissen ließ, diesmal freilich begleitet von einem spitzbübischen Grinsen, woraus sich schließen lässt, dass der Leidensdruck nicht ganz so groß ist.

Die Popularität, die er beim österreichischen TV-Publikum genießt, kann ihm, so gesehen, gar nicht recht sein. Eine Tatsache, die übrigens schon vor Jahren am Flughafen von Paris zu einigen Missverständnissen geführt hatte. Die Aufmerksamkeit der Zuschauer ist aber abgesehen davon erstaunlich: zum einen, weil von Grasser zu den Vorwürfen Steuerhinterziehung und Untreue nichts Erhellendes zu erwarten war, zum anderen, weil er diese Erwartung schließlich auch zur Gänze erfüllte. Grasser redete viel und sagte nichts. Damit war zu rechnen, und so war es auch. Lou Lorenz hielt tapfer dagegen, so niederbügeln, wie es dieser Tage Armin Wolf beim Bundeskanzler erging, der offenbar frisch vom Mediencoaching kam, ließ sie sich nicht.

Als Begründung für das Medieninteresse kommt nur der ziemlich überholt wirkende Rückgriff auf das alte Rom in Frage: Das Publikum im Circus maximus wollte Blut sehen und jubelte beim Tod des Gladiators. Der Tod im Zirkus entspricht heute dem Geständnis vor laufender Kamera: Das Volk will diesen Menschen untergehen sehen. In der ZiB 2 wurde es einmal mehr enttäuscht. (Doris Priesching/DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2011)