Das Ensemble nimmt mit mehr oder weniger Ernst Anweisungen des Regisseurs entgegen. - Die Bilder von Theaterfotograf Sebastian Philipp sind derzeit im TAG ausgestellt.

Foto: Sebastian Philipp

Ferdinand Urbach, Geschäftsführer.

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Margit Mezgolich, künstlerische Leiterin.

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Ein Gespräch mit der künstlerischen Leiterin Margit Mezgolich und Geschäftsführer Ferdinand Urbach.

Wien - Fünf Lenze sind nicht viel, doch in Theaterjahren der freien Szene gerechnet, bedeuten sie schon eine ganze Menge. Das Theater an der Gumpendorfer Straße (TAG) hat seit seinem Neustart im Jänner 2006 - in der Nachfolge des Theater Gruppe 80 - bereits eine bewegte Leitungsgeschichte hinter sich. Drei freie Gruppen, deren Namen mit besagtem Datum Geschichte wurden (Kinetis, urtheater und L.U.S. Theater) haben damals das 212-Plätze-Haus (Maximalbesetzung) von Helga Illich und Helmut Wiesner übernommen. Nach wechselnden Leitungskonzepten hat Regisseurin Margit Mezgolich im März 2009 die künstlerische Leitung übernommen und arbeitet seither an der Schärfung des Profils. Es gilt, sich neben vergleichbaren Wiener Mittelbühnen gut zu positionieren.

Mit einem klaren Bekenntnis zum Sprechtheater auf Basis einer fixen Ensemblestruktur bahnt sich das TAG seinen eigenen Weg. "Im Unterschied zum klassischen Ur- und Erstaufführungstheater entwickeln wir die Aufführungen in Personalunion von Autor und Regisseur", so Margit Mezgolich. "Damit fördern wir den Begriff des Theatermachers, also Künstler, die einen enormen Formwillen haben und diesen mit unserem Ensemble ausdrücken können."

Das ist eine klare Ansage, die keine unmittelbare Konkurrenz in der Stadt hat. Das Ziel ist vor allem, damit zugleich einen Repertoirebetrieb aufzubauen, also Stücke über einen möglichst langen Zeitraum am Spielplan zu belassen - für einen Theaterbetrieb dieser Größe ungewöhnlich. "Ein Ensemble ist natürlich teurer", so Geschäftsführer Ferdinand Urbach, "aber es geht sich derzeit gerade noch aus. Wir können nur leider nicht gut bezahlen. Wie für andere Wiener Häuser ist der Bund kein Partner mehr, sodass wir mit wesentlich weniger Geld auskommen müssen (735.000 Euro jährlich); auch die von der Stadt Wien jährlich geleistete Anpassungszahlung von insgesamt 150.000 Euro entfällt seit zwei Jahren. Das ist laut Urbach eine empfindliche Einsparung, auch wenn wir natürlich versuchen, den Budgetposten "Kunst" nicht zu sehr anzutasten.

Auf die Suche nach "Theatermachern" im oben beschriebenen Sinn begibt sich das TAG mit den jährlich stattfindenden Werktagen. "Das ist das Herzstück meiner künstlerischen Leitung", so Mezgolich. Die internationale Ausschreibung gibt thematische Impulse vor (aktuell: "Sei mein Held", Einreichfrist ist 16. März), auf deren Basis das TAG Künstler außerhalb herrschender Modetrends ausfindig macht.

Urbach: "Wir möchten uns nicht mit dem Brut oder den Wiener Festwochen um international angesagte Produktionen prügeln. Bei uns ist der längere Prozess des Erarbeitens wichtiger und nicht so sehr das Abfeiern. In puncto Entschleunigung unterscheiden wir uns sicher von anderen Wiener Häusern, die schneller getaktet sind. Wir bekennen uns auch zum Ort hier." Das zeitigt auch Produktionen, deren Titel nicht immer auf Anhieb verstanden wird: Iaxnbruad von Christian Suchy war im Vorjahr eine überaus beachtenswerte, im Wiener Slang schlingernde Wirtshausgroteske mit revitalisierter Pantomime.

Falls sie es jemals über die Landesgrenzen hinaus schaffen sollte (was ihr zu wünschen ist), so nur mit Untertitelung. Mehr internationaler Austausch steht jedenfalls auf der Wunschliste. Zuerst aber wird gefeiert, u. a. mit einer Theaterfotoausstellung von Sebastian Philipp. (Margarete Affenzeller / DER STANDARD, Printausgabe, 14.1.2011)