Eindrücke von kulinarischen Höhepunkten und Niederlagen auf der Cook & Look Wien, die am Wochenende in Wien stattfand
In dieser Galerie: 20 Bilder
Cook & Look , Messe Wien, Halle B. Hinter der Eingangstür wabert einem eine Bratwürstl-Leberkäs-Schweinsschmalz-Wolke entgegen. Unsanft berieselt ein Radiosender die Besucher mit den Greatest Hits. Ein Gau für Genießer, weshalb man tapfer gegen Fluchttendenzen ankämpft.
Der Weg nach links in die Ferienmessen-Ecke, wo sich die Cook & Look versteckt, wird jäh von einer Körbchen-tragenden Promoterin unterbrochen. Fertigprodukte zur freien Entnahme. Lieb, aber wo bitte geht's zur Genussmesse?
Wir sind bereits mitten drin. Hinter echten Obst- und Gemüse-Bergen und einem griffigen Slogan verbirgt sich der nächste Instant-Lebensmittel-Platzhirsch. Einen Hauptanteil der Messefläche nimmt übrigens einer der großen österreichischen Lebensmittelkonzerne ein.
Um die Ecke stapelt sich das Kalahari-Salz eines deutschen Unternehmens, das seine Produkte mit klingenden Namen wie "Silver Crystal Gourmet Salz", "Wikinger Kalahari Rauchsalz" oder "Original Tiger Malabar Pfeffer" versieht. Dahinter verbergen sich durchaus schmackhafte Produkte mit Bio-Status, die den Fortbestand von Stammesgemeinschaften unterstützen und sich für Tigerprojekte stark machen.
In der Kocharena unterhalten vier Tage lang Show-Kochgrößen wie Alfons Schuhbeck, Stefan Marquard und die Österreicher Toni Mörwald (seines Zeichens auch BÖG -Präsident) und Erich Bauer das Publikum. Zehn Euro kostet das Vergnügen. Kostenlos bringen dagegen Marianne Gnedt, Anton Pitour, Siegfried Kröpfl, Jürgen Kleinhappl oder Josef Taudes ihre Kocherfahrungen über die Bühne.
Die Materialien für Schuhbecks Kochshow werden herangekarrt.
Der Meister bei seiner Lieblingstätigkeit, dem Lob der Ingwerknolle. Schuhbeck klärt sympathisch grantelnd über die guten und die bösen Fette auf und singt, umgeben von industriellem Nahrungsmittel-Product Placement, ein Loblied auf "natürliche" Nahrungsmittel wie Lein- und Arganöl sowie Curcuma.
Ein kulinarischer Höhepunkt der Messe: Sortenreiner Tresterbrand aus weißen und roten Trauben der Region Carnuntum rinnt auch um elf Uhr Vormittag mild die Kehle hinab und entfacht ein Geschmacksfeuerwerk an Muskat, Sauvignon Blanc, Merlot oder gelbem Muskateller. Vorne im Bild Schokolade mit hochprozentigem Tresteranteil, rechts eine Tresterseife. Die Traubenkerne oben drauf sind nicht nur dekorativ, sondern zeichnen für einen Peelingeffekt verantwortlich.
... die Brettljause kommt auf Pappendeckel daher und besteht aus Weizer Berglamm Rohschinken, luftgeselchtem Speck aus dem Gurktal und Bregenzerwald Apfelkäse. Köstlichkeiten, die zur Selektion 2011 gekürt wurden und in verschiedenen Geschenkpaketen - das Stück um laut Anbieter "genussvolle" 44 Euro - enthalten sind.
Dazu gehört auch der Sauwaldwodka, gebrannt aus oberösterreichischen Erdäpfelsorten.
Seit einem Vierteljahrhundert entsaftet man am Wein- und Obstgut Altenriederer handgepflücktes Obst aus der Wagramer Region - 90 Prozent aus dem eigenen Anbau. Daraus entstehen etwa vier verschiedene Traubensaftsorten, drei Apfelsäfte - davon einer aus den Sorten Cox Orange, Rubinette und Roter Boskopp - oder Williamsbirnensaft ohne Zusätze wie Zucker oder Konservierungsmittel.
Die Leithaberger Edelkirsche findet Einzug in Säfte, Likör und Brand, Marmeladen, Nudeln und sogar Brot und Leberstreichwurst.
Wollschweinsugo, Rinds- und Erdäpfelgulasch, Karotte-Ingwersuppe und Kaiserschmarren aus fairer Produktion, ohne Konservierungsstoffe und Geschmacksverstärker werden vom Meislmichl eingekocht. Alle Speisen entstehen in der Küche von "Aufwind" - ein Projekt des Landes Steiermark, das Jugendlichen aus schwierigen Verhältnissen zu einem Neustart verhilft. Haubenkoch Markus Eder (Bild) zeichnet für die Ausbildung verantwortlich.
Keine Küche ohne scharfes Messer. Im Bild Schnittiges aus dem Cleenbo -Onlineshop.
Auf der Messe-Webseite nicht namentlich angekündigte Aussteller rund um "Ambiente und Accessoires, Besteck und Gedeck, Dekoration und Tischkultur, Küchenmöbel und Küchengeräte" sind vor Ort kaum zu finden.
Pfeffer von leuchtend grüner Strahlkraft - erzeugt unter kontrolliert ökologischen Bedingungen, zertifiziert durch das staatliche Bio-Siegel. Spice for Life ist ein junges Unternehmen aus Berlin, das sich ausdrücklich von reiner Gewinnmaximierung distanziert und durch sein Handeln den fairen Markt stärken will. So findet sich etwa die Chilliplantage im Garten einer Berliner Behindertenwerkstätte.
Die Hersteller - häufig
Familienunternehmen oder Stammesgemeinschaften in Entwicklungsländern - sollen
für ihre qualitativ hochwertige und ökologische Ware ihren angemessenen
Anteil erhalten. Zu jedem Gewürz wird eine Mühle angeboten. Die Verpackungen werden von Freunden gefaltet, das Papier verfügt über das FSC-Label.
Edelausternpilz (l.), Kräuterseitling (M.) und Buchenrasling (r.). Seit zwei Jahren züchtet Edlinger biologische Edelpilze in einer Hallenkultur am Marchfeld. Das Know how rund um Maschinen und Technik kommt aus Asien, die Ernte kann aber nur händisch eingebracht werden.
Um nach Enttäuschungen über die Dominanz der großen industriellen
Lebensmittelerzeuger und -händler, über das kaum vorhandene Besteck,
Gedeck und Küchengeräte, über diverse Geruchs- und Geräuschbelästigungen
und nicht zuletzt die Webseite der Veranstalter die Cook & Look
wieder zu verlassen, muss man an einem lauschigen Eck vorbei...
... und sich adäquat zum Eintritt in die Welt des Genusses durch eine
weitere rustikale Wolke hindurch ins Freie kämpfen.
Fazit: Ein Mix zahlungswilliger Aussteller in "G'röstl"-Manier, die ansatzweise
mit Essen und Trinken zu tun haben, in einer Ecke der Reise-Messe-Halle
zu versammeln, ist unbefriedigend. (Eva
Tinsobin/derStandard.at/14.01.2011)
Cook & Look