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Mit 71 Jahren und nach 28 Langfilmen wird Rudolf Thome in Texten zu seinem jüngsten Film “Das rote Zimmer” noch immer als "großer Unbekannter" des deutschen Kinos bezeichnet. Das nimmt dann doch Wunder. So kontinuierlich wie er hat kaum einer unter all denen, die in den Sechzigern anfingen, andere deutsche Filme zu machen, arbeiten können. Der eine oder andere Klassiker ist durchaus dabei, etwa “Rote Sonne” (1970), in dem Uschi Obermaier & Co mit manchem Mann kurzen Prozess machen. Oder die Kreuzberger Gentrifizierungs-Liebesgeschichte “Berlin Chamissoplatz” (1980), in der Hanns Zischler aufs Ergreifendste ein Lied für Sabine Bach singt. Mit “Der Philosoph” feierte Thome Erfolge im europäischen Ausland, ohnehin war man ihm in Frankreich zeitweise stärker zugeneigt als in seiner Heimat.

Wir haben den Start des aktuellen Films - der übrigens auf der vergangenen Viennale seine Uraufführung erlebte - zum Anlass genommen, mit ihm ein mehrstündiges Videointerview zu Leben und Werk zu führen. Weniger ein Werkstatt- als ein Werkgespräch, ein Beitrag zu einer oral history des deutschen Films. Kaum einer ist dafür ein so geeigneter Zeuge wie Rudolf Thome. Er war dabei, als der Neue Deutsche Film sich seit etwa Mitte der Sechziger Jahre neu zu erfinden suchte. Thome war Teil jener “Münchner Gruppe”, zu der auch Regisseure wie Eckart Schmidt und Klaus Lemke gehörten. Niemand hatte da eine Ausbildung, alle waren sie Amateure im besten Sinn, aber alle auch stark von der Nouvelle Vague (insbesondere Jean-Luc Godard) und den von der Nouvelle Vague gefeierten Hollywood-Regisseuren (für Thome vor allem Howard Hawks) begeistert. Solche Filme wollten sie auch machen. Nicht Gesellschaftskritik war ihr Ziel, vielmehr ging es um aufregende Mixturen aus Genre- und Alltagserzählungen. Rudolf Thomes “Rote Sonne”

Damit standen sie in Konkurrenz und Opposition zu all jenen, die ein paar Jahre zuvor bei den Kurzfilmtagen in Oberhausen ein Manifest unterschrieben hatten mit Forderungen nach einem politischeren deutschen Film. Alexander Kluge, Edgar Reitz und manch anderer, von dem heute kaum mehr die Rede ist. Im folgenden Ausschnitt spricht Rudolf Thome über die Anfänge der Münchner Gruppe, die Bekanntschaft mit Jean-Marie Straub, das Auftauchen von Rainer Werner Fassbinder und das Nicht-Verhältnis zu Alexander Kluge. Der Clip ist einer von bislang zehn Teilen des Interviews, das auf der Cargo-Website komplett zu finden ist.

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