Die an dieser Stelle zuletzt für Österreich und Deutschland verlautbarten Zuwächse gegenüber 2009 sind Peanuts im Vergleich zu jenen, die in den vergangenen zwölf Monaten in den Kunstmarktmetropolen New York, London oder Hongkong verzeichnet werden konnten. Detaillierte Informationen liefern erst die in den nächsten Wochen veröffentlichten Bilanzen der Auktionsgiganten.
Und diese Zahlen und Fakten gelten allgemein als repräsentativ für den internationalen Handel mit Kunst. Der Theorie der amerikanischen Kunstmarktökonomin Claire McAndrews nach ließe sich aus deren Umsätzen - im Verhältnis 45 (Auktionshäuser) zu 55 (Galerien, Kunsthandel) Prozent - gar das gesamte Geschäftsvolumen der Kunstbranche ableiten.
Noch 2009 hatten Christie's und Sotheby's wegen rückläufiger Verkaufsquoten und schwindender Einspielergebnisse deutliche Einbußen hinnehmen müssen. Nur eingeschränkt konnten die schrumpfenden Umsätze über eine reine Optimierung der Margen und Kostenreduktionsprogramme auch tatsächlich abgefedert werden. Mit optimistischem Schwung startete man in eine neue Saison, die nach zwölf Monaten und zwei Resultaten jenseits der 100-Millionen-Dollar-Marke dem Vernehmen nach in Rekordhöhe bilanziert haben soll: Im Februar schritt eine Giacometti-Skulptur (Sotheby's: 104,32 Mio. Dollar) auf den Thron des Superlativs und wurde im Mai von einem Picasso-Gemälde (Christie's: 106,48 Mio. Dollar) abgelöst.
Schrumpfender Marktanteil
Auf etwa fünf Milliarden Dollar soll es Christie's inklusive des boomenden Geschäftszweigs Private Sales gebracht haben, Kontrahent Sotheby's scheint nur einen Steinwurf davon entfernt zu bleiben. Exklusive der hinter den Kulissen der Öffentlichkeit vermittelten Kunstwerke könnte sich der Jahresumsatz hier auf 4,3 Milliarden Dollar verdoppelt haben.
Mit Spannung werden die Details auch deshalb erwartet, weil sie die Realität der Marktmetropolen und -kontinente spiegeln. Noch 2006 galt die USA als unangefochtene Marktmacht, hielt einen Anteil von 46 Prozent an den weltweit mit Kunst erzielten Umsätzen. 2008 rutschte dieser Wert auf 35, 2009 schließlich auf 30 Prozent, während der Marktanteil Chinas sukzessive stieg (2008: 9 %; 2009: 14 %). Ein Rückschlag, der eng in Verbindung mit der Krise im Bereich der zeitgenössischen Kunst steht, die via New York ehemals so spielerisch in die weite Welt verteilt werden konnte. Welches Potenzial diese Handelsnation trotz der Wirtschaftskrise birgt, zeigten die vergangenen Monate und vor allem die in New York erzielten Topwerte (siehe Tabelle) der Auktionsbranche:
Wie bereits 2009 war das Wertvolumen dieses Spitzenfelds auch 2010 in der zweiten Jahreshälfte - dank Rekordzuschlägen in den Segmenten Impressionist, Modern und Post War - drastisch gestiegen, konkret um stolze 42,6 Prozent auf 519,09 Millionen Euro. Das ist, gemessen an der bisherigen Bestleistung 2007 (471,36 Mio.), ein historischer Höchstwert. Gemälde Alter Meister - noch 2009 im New Yorker Jahresranking auf den Plätzen sechs und zehn vertreten - hielten 2010 ob des exorbitanten Preisniveaus nicht bis zum Jahresende durch. (Olga Kronsteiner, DER STANDARD/ALBUM - Printausgabe, 15./16. Jänner 2011)