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Dank Helmut Werner gibt es nun Online-Inside-News aus jener Familie, an der keine Society-Diskussion vorbeizukommen scheint.

APA-FOTO: GEORG HOCHMUTH

Lugners Schwiegersohn in spe und Menowins Punchingball, Helmut Werner, betritt die Bloggosphäre: Jeden Donnerstag berichtet der Hansi-Hinterseer-Trabant aus dem Zentrum der schrecklich öffentlichen Familie, doch schon die erste Kolumne war nach wenigen Stunden wieder verschwunden

Eigentlich wollte ich an dieser Stelle bloß meiner Sprachlosigkeit Ausdruck verleihen, nicht bloß, weil ich faul bin, sondern weil es mir tatsächlich die Sprache verschlug, als ich jenen Link anklickte, den mir eine Kollegin aus der Panorama-Redaktion von derstandard.at mailte. Nicht ohne eine süffisante Frage zu stellen: "Kennst Du den schon? Ein Hochgenuss." In manchen Fällen erübrigt sich ein Smiley - weil schon der Text der URL an sich die Groteske ist. dachte ich jedenfalls. Und klickte auf den Link.

Seither ist nichts mehr so, wie es war. Denn Helmut Werner bloggt. Und ich weiß nicht, ob ich jetzt weinen, lachen oder frohlocken soll. Oder alles gleichzeitig. Oder nichts davon. Denn kann dem Lugnerbeobachter etwas Besseres und Schöneres passieren, als dass man ihn von seiner Qual erlöst - und er dennoch sicher sein kann, dass die frohe Kunde über das Leben der Bewohner des Landstriches jenseits aller Scham- und Schmerzgrenzen dennoch weiter ins Land getragen werden wird?

Glückliche Afterschreiber

Kann all uns oft der Übertreibung geziehenen Afterschreibern denn größtes Glück widerfahren, als dass da tatsächlich einer aus dem innersten Kreis selbst zur Feder greift - und schon im ersten Satz belegt, dass jedes Wort, dass unsereiner je über das Lugniversums und die in ihm anzutreffenden Lebensformen (ein Schelm wer hier an Star-Trek-Zitate wie "Beam me up, Scotty! There is no intelligent life on this planet" denkt ...) mitnichten überzogen oder überzeichnet waren, sondern immer noch die auf ein zivilisatorisch zumutbares Maß heruntergebrochene Minimalversion des ganz normalen Wahnsinns dieser schrecklich öffentlichen Familie ist?

Denn Helmut Werner bloggt. Ab sofort und jeden Donnerstag. Von, wie er verkündet: "Inside the Lugners". Und noch bevor ich dann in den ersten Blogeintrag hineingelesen hatte, lief in meinem Kopf ein ganz ganz böser Film an. "Being John Malkovich" - aber eben mit den Darstellern der heimischen Adabei-Besetzungslisten, die einander gegenseitig... wie gesagt: Ein schlimmer Trip. Allein die Vorstellung, wie "Lord Helmchen" (er nennt sich ja selbst so) sich da den Zutritt ins Innere des Baumeisters ... Oh mein Gott!

Familienaufstellung

Aber natürlich ist in Wirklichkeit alles anders. Nicht so arg - aber gleichzeitig noch viel schlimmer: Lugners Schwiegersohn in spe kündigt in seiner ersten Kolumne an, vom Skiurlaub mit den der ganzen Sippe zu berichten. En gros und en Detail. Und weil er jetzt, vor dem Trip, noch nix zu erzählen hat, kocht er halt den Skiurlaub vom vergangenen Jahr nochmal auf - und scheut auch nicht vor innerfamiliären Untergriffen zurück. Ganz im Gegenteil.

Doch - Huch! - grad wollte ich nochmal schauen, ob der Hansi Hinterseer aus Fünfhaus da eher auf Katzi oder doch mehr auf Mausi hinschlug - und muss zum meinem großen Bedauern feststellen, dass die erste Kolumne schon einen Tag nach ihrem Erscheinen wieder aus dem Programm gekippt worden ist. Schade. Denn Wortschöpfungen wie "prädesziniert" gaben - kommentierte etwa auf Facebook einer der wenigen Rezipienten dieses nun schon gekillten Aufsatzes - dem Werk eine unnachahmliche Authentizität: "Er schreibt das offenbar wirklich selber", kommentierte der Facebook-Leser den Werner-Blog.

Selbstsprengung

Eigentlich schade, dass da bei vienna.at wohl jemand die Notbremse gezogen hat, bevor das Vehikel wirklich Fahrt aufnehmen konnte: Unguided Missiles machen einfach viel mehr Spaß - obwohl die, die sie abfeuern dann meist doch noch die Selbstsprengung auslösen. Immerhin: Die Ankündigung, dass von nun an jeden Donnerstag intensive Lugner-Gastroskopie betrieben werden würde, war am Freitag, nachdem der erste echte Eintrag zuerst on- und dann wieder offline gegangen war ja noch da. Lord Helmchen wird schreiben. Zumindest die Hoffnung lebt.

Ich jedenfalls war, wie eingangs gesagt, sprachlos, nachdem ich Ankündigung, Selbstporträt des Bloggers und die erste Textabsonderung gelesen hatte. Und wollte das hier auch so sagen:

"Helmut Werner bloggt also ab sofort über die Lugners.
"Inside the Lugners" nennt sich das hier entstehende Werk.
Bestimmt ein Groß-Od. In jeder Hinsicht - dafür bürgen schon Opener und Erst-Text. Und dass Werner sich selbst "Lord Helmchen" nennt ...
Hammer.
Große Freude.
Mir fehlen die Worte.
Und eines ist fix: Ab heute ist jeder Donnerstag ein Feiertag."

Mehr sollte mir nicht aus den Fingern kommen. Doch ich hatte die Rechnung ohne den Panorama-Chef von derStandard.at gemacht: Den User und die Userin mit so wenig Vorwarnung ins Lugnerland klicken zu lassen, meinte der (also der Chef), sei unverantwortlich und fahrlässig. Schließlich könnte es ja auch - rein theoretisch- passieren, dass jemand, der keine Ahnung habe, wer und was Helmut Werner ist, da neugierig auf den Blog-Link klicke. Ob ich mir die möglichen Folgen ausgemalt hätte?

Verantwortung und Scham

Habe ich nicht, musste ich zugeben, während die Schamesröte mein Gesicht überzog: Ich hatte, gestand ich, vor lauter Schreck schlicht vergessen, dass man als Chronist des Unnötigen auch eine Verantwortung auf den eigenen Schultern trägt - und hätte, wenn der Chef nicht eingegriffen hätte, das Volk ungewarnt auf eine Reise geschickt, die man nicht jedem zumuten darf. Nun aber ...

Genau, sagte der Panorama-Chef und klopfte mir fast schon zu zärtlich auf Schulter und Rücken, bevor er meinen Satz zu Ende führte: ... nun aber, hätte ich meine Pflichten erfüllt und unter einen Hut gebracht. Zum Einen berichtet, zum Anderen gewarnt. Darum sei, so der Chef, ab hier jeder seines Glückes eigener Schmied - und trage die Verantwortung für das, was der nächste Klick auslösen könnte, selbst. Und zwar zur Gänze. (Thomas Rottenberg, derStandard.at, 15.1.2011)

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