Das junge Unternehmen Spielwerk, ging wie das im vorigen Beitrag vorgestellte Startup Socialspiel aus dem vor knapp einem Jahr geschlossenen Entwicklerstudio Deep Silver Vienna hervor. Beide stehen exemplarisch für eine umtriebige Wiener Entwickler-Szene, die die neuen wirtschaftlichen Möglichkeiten mobiler Plattformen und sozialer Netzwerke aufgreift.

Franz Hess von Spielwerk arbeitete schon vor dem Aus für Deep Silver nebenher an eigenen Projekten, ab Mai 2010 begann er mit zwei Studienkollegen Vollzeit an der Entwicklung von iPhone-Spielen zu arbeiten. Die Verkaufszahlen ihrer zweiten, im vergangenen August erschienenen App „iGlowstick" sind, so Hess, „total explodiert": Über 4,6 Millionen Mal wurde der Titel bisher downgeloadet, 130.000 haben die mit Animationen ausgeschmückte Bezahlversion des virtuellen Leuchtstabs für das iPhone erworben. „Das war unser Startkapital, um das Hobby zum Beruf machen zu können. Das und das Ersparte der letzten Jahre." Mittlerweile gibt es iGlowsticks für jede Saison (Ostern, Fußball-Wolrdcup, Weihnachten etc.)

Der Erfolg der beiden Games, die Spielwerk davor und danach herausbrachten, war weniger außergewöhnlich. Die Wörterrätsel von "WordWiz" sei im Vergleich zum iGlowstick „eher untergegangen". Finanziell zahlt es sich für Spielwerk aus, wenn ein Spiel 10.000 Downloads pro Jahr erreicht. Das sollte laut Hess aber auch für WordWiz drinnen sein. 

Der aktuelle, kurz vor Weihnachten in HD veröffentlichte Titel von Hess und seiner Mannschaft nennt sich „Primal Plant Attack". Es nutzt die intuitive Touch-Screen-Eingabe für ein kurzweilige Spiel mit einer Gummiball-artigen Urzeitpflanze, der man je nach Evolutionsstufe helfen muss, Insekten, Vögel und Flugsaurier zu fressen. Das zugängliche Geschicklichkeitsspiel soll im täglich größer werdenden Meer der iPhone-Games höhere Wellen schlagen als das verhältnismäßig komplizierte „WordWiz".

Und auch der erfolgreiche iGlowstick bekommt einen Nachfolger: "grooveLight" bietet psychedelische Farben- und Formenspiel, das durch Tippen auf den Bildschirm im Rhythmus der Musik mit dem Takt synchronisiert wird. Hess ist sich bewusst, dass solche Spielereien vor allem gekauft werden, um sie Freunden zu zeigen. Oft werden sie nach ein paar Tagen wieder vom Gerät gelöscht. Dafür werden die kleinen, kostengünstigen Ablenker um so häufiger gekauft. 

"Entwickler haben sich selbst den Markt zerstört"

75 Prozent der Downloader des Verkaufsschlagers iGlowstick kommen aus den USA. „Der Rest verteilt sich gleichmäßig über die Welt". Hess ist tendenziell unzufrieden mit den Preisen, die im App-Store üblich sind: "Die App-Entwickler haben sich selbst den Markt zerstört, indem sie alles um einen Dollar hergeben". Sie vertrauten auf eine Absatzmenge, die kaum jemand zusammenbringt. HD-Versionen fürs iPhone 4 um drei bis fünf Doller sind da lohnender. Auch weil sie mit relativ geringem Aufwand umgesetzt werden können, sofern sie von Anfang an eingeplant sind. Die Mitarbeiter von Spielwerk sind gewinnbeteiligt.

Die selbstständige Entwicklungsarbeit bedeute „definitiv mehr Stress als vorher", im Angestelltenverhältnis. „Einfach heimgehen, die Arbeit hinter sich lassen, geht nicht." Der Standort Wien sei für Game-Startups grundsätzlich so gut oder schlecht wie andere Städte auch. Unterschiede gibt es bei Förderungen. In Österreich gebe es zwar einiges, aber das Fördersystem sei noch viel weniger gut entwickelt als bei Filmen. Es wird entweder die Technologie oder die Kreativwirtschaft gefördert. Dezitierte Förderung für Spiele gebe es nicht. „In Kanada, Frankreich oder Deutschland ist das viel besser."

2011 will Spielwerk den Einstieg in weitere Plattformen wagen. Der Android-Markt wartet, ebenso das Windows Phone. Mehrere Projekte sind in der Pipeline. Das größte Vorhaben: Ein Online-Strategiespiel fürs iPhone, das in seiner Art ganz neu sein soll.

www.spielwerk.at
Primal Plant Attack im App Store
grooveLight im App Store