Im zügigen Marschschritt wollen die Roten nun ihr jahrzehntealtes Dogma, das Festhalten an der Wehrpflicht, hinter sich lassen. Eine Reform des Heeres wie im neutralen Schweden soll es geben - und wer da nicht mitkann, darf sich bei einem Plebiszit auf dem Papier wehren. Warum plötzlich diese Eile, Genossen?

Das Grundanliegen ist ambitioniert: Nicht mehr sämtliche jungen Männer, sondern nur mehr Freiwillige brauchen sich an der Waffe ausbilden zu lassen. Das Zukunftskonzept für eine Berufsarmee wirkt jedoch überhastet. Stockholm stellt sein viel besser dotiertes Militär erst seit einem guten halben Jahr um, hat also kaum Erfahrungswerte. Warum muss es also ausgerechnet dieses Vorbild sein? In Wien steht ja nicht einmal eine neue Sicherheitsdoktrin.

Die ÖVP, einst bei der Wehrpflicht zum Umdenken bereit, stellt jetzt auf stur - und will justament nicht mehr am Präsenzdienst rütteln. Ähnliches bietet die FPÖ. Und selbst Grün und Orange, lange als Einzige fürs Abrüsten, begehren gegen das Marschtempo auf. Mit Recht. Vor so tiefgreifenden Reformen braucht es zuerst Debatten und dann überparteilichen Konsens. Das Gegenargument der SPÖ - am Ende steht ja ein Volksentscheid - ist populistisch. Denn im Krisenfall - ob Katastrophe oder Einsatz - wird nicht das Volk für das Vorgehen der neuen Armee veranwortlich zeichnen, sondern immer noch der Bundespräsident und die Regierung - und zwar egal welcher Couleur. (Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 17.1.2011)