Berlin/Paris - Der geplante Umbau des Euro-Rettungsfonds könnte einem Medienbericht zufolge das Risiko für die Steuerzahler in Deutschland, Frankreich, Österreich und anderen Euro-Staaten mit Rating-Bestnoten erhöhen. Wie die "Financial Times Deutschland" unter Berufung auf Kreise der Euro-Finanzminister berichtet, sieht eines der diskutierten Modelle vor, dass hauptsächlich Staaten mit einem Triple-A-Rating am Kapitalmarkt für den Fonds bürgen. Andere Staaten der Euro-Kerngruppe würden nur noch in einem zweiten Schritt Garantien geben. Eine weitere Variante sei, dass der Fonds einen Kapitalstock erhalte, der sein Toprating sichern könnte.

Die Finanzminister der Euro-Gruppe treffen sich am Montagabend in Brüssel, um über eine Stärkung des 440-Milliarden-Fonds EFSF zu beraten. Er ist das Herzstück des im Mai 2010 vereinbarten Rettungsschirms über 750 Mrd. Euro. Nach Einschätzung der Staaten, der EU-Kommission und der Europäischen Zentralbank (EZB) ist die EFSF (European Financial Stability Facility) für die Finanzmärkte nicht glaubwürdig genug, weil sie wegen verschiedener Sicherheitsregeln tatsächlich nur rund 250 Mrd. Euro verleihen kann.

Trichet fordert, Schäuble bremst

EZB-Chef Jean-Claude Trichet hat sich kurz vor dem Treffen erneut für eine Aufstockung des Rettungsfonds ausgesprochen. In der EZB sei man der Ansicht, dass der Schirm sowohl quantitativ als auch qualitativ verbessert werden müsse, sagte Trichet am Sonntagabend dem französischen Radiosender RTL. "Was unter Quantität zu verstehen ist, wissen wir. Mit Blick auf die Qualität muss der Fonds die größtmögliche Flexibilität und Beweglichkeit bei seinem Einsatz haben", fügte er hinzu.

Die deutsche Regierung tritt allerdings weiterhin auf die Bremse. Finanzminister Wolfgang Schäuble sagte Montagfrüh im Deutschlandfunk, die Regierung sei über den jüngsten Vorstoß von EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso "etwas überrascht" gewesen. Es bestehe keine Notwendigkeit für eine Aufstockung des Rettungsschirms. So habe Portugal seine Anleihe in der vergangenen Woche mit geringeren Zinsen platziert bekommen als allgemein befürchtet. Außerdem habe bisher nur Irland Hilfen aus dem Fonds beantragt.

Umgestaltung aber keine Verdoppelung

"Insofern besteht kein Grund für eine aktuell aufgeregte Diskussion", sagte Schäuble. Der Finanzminister signalisierte aber erneut Gesprächsbereitschaft über eine Umgestaltung des Rettungsschirms. Es gebe das Problem, dass die 750 Mrd. Euro nicht in voller Höhe zur Verfügung stünden. "Darüber kann man, muss man mittelfristig diskutieren, was man da machen kann. Aber aktuell besteht keine Notwendigkeit für diese aufgeregte Diskussion. Die beunruhigt ja nur die Märkte."

Zur Lösung der Schuldenkrise müssten die europäischen Staaten vor allem ihre Haushalte konsolidieren. Es könne nicht sein, dass nur Deutschland und Frankreich mehr Garantien gäben. Das größte Problem der Eurozone sei, dass die Defizit-Regeln in der Vergangenheit nicht eingehalten worden seien. Bis zum nächsten Treffen der Staats- und Regierungschefs im März sollten weitere Lösungen vorbereitet werden, sagte Schäuble.

Einen Beschluss für eine Ausweitung des Euro-Rettungsschirms halten jedenfalls Diplomatenkreise in Brüssel für unwahrscheinlich. Der belgische Finanzminister Didier Reynders hatte im Vorfeld noch von einer Verdoppelung auf 1,5 Billiarden Euro gesprochen. Auch Österreichs Finanzminister Josef Pröll (ÖVP) sieht "zum jetzigen Zeitpunkt" keine Notwendigkeit zur Ausweitung des Euro-Rettungsschirms, sagte er vor Beginn der Sitzung. Vielmehr gehe es darum, dass der bestehende Rettungsschirm "effizienter" werde. Pröll erteilt auch der Idee, dass künftig nur mehr Triple-A-Staaten an der Haftung teilnehmen sollen, eine Absage. Auch die Möglichkeit, dass der Schutzschirm Staatsanleihen kaufen könnte, "sehe ich nicht als prioritär".

Teilweiser Schuldenerlass

Karl Aiginger, Chef des Wirtschaftsforschungsinstituts (Wifo), glaubt, dass ein teilweiser Schuldenerlass für die am stärksten in der Kreide stehenden Euro-Länder unausweichlich ist. Die daraus entstehenden Ausfälle sollten sich die Gläubiger (Banken, sonstige Investoren) und die Euro-Staaten untereinander aufteilen, sagte Aiginger am Montag in Wien. Die dafür notwendigen Finanzmittel sollten sich die EU-Staaten durch eine Finanztransaktionssteuer holen.

"Es geht langfristig nicht ohne Schuldenreduzierung für Länder mit mehr als 100 Prozent Verschuldung. Der richtige Zeitpunkt für eine solche Lösung wäre wohl gleichzeitig mit der Einführung einer europäischen Finanztransaktionssteuer." Wie hoch die Abschläge für die Gläubiger ausfallen würden "ist eine Frage des Zeitpunkts und der Gewichtung wie bei jedem Ausgleich". Voraussetzung für die Gewährung "europäischer Solidarität" sei allerdings, dass die Schuldner-Staaten eigene glaubwürdige Pläne zur Reduzierung ihrer Außenstände vorlegten. (APA/Reuters/red)