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Verteidigungsminister Norbert Darabos

Foto: REUTERS/Lisi Niesner

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Die sieben Wehrsystem-Modelle von Verteidiungsminister Darabos.

Grafik: APA

Unmittelbar bevor Verteidigungsminister Norbert Darabos seine Überlegungen zum Fall der Wehrpflicht öffentlich präsentiert hat, suchte der SPÖ-Minister noch bei den ÖVP-Ministern Michael Spindelegger und Maria Fekter Zustimmung - entgegen seiner Darstellung stieß er dort jedoch auf wenig Einverständnis. Spindelegger zum STANDARD: "Es hat sich sehr schnell gezeigt, dass das ganze Konzept in sich unschlüssig ist."

So würden reine Kopfzahlen von Berufssoldaten gerechnet - "aber das weiß man doch, dass ein Oberst bei einer Katastrophe nicht die Schaufel nimmt und Sandsäcke füllt", kritisiert der Außenminister. "Auch der Schutz der kritischen Infrastruktur ist so nicht gewährleistet, das braucht entsprechende Mann-Stärke - und auch die Zahl der Zeitsoldaten ist völlig unrealistisch. Von den Problemen beim Zivildienst ganz zu schweigen."

Die ÖVP sage nicht prinzipiell Nein, aber der SPÖ-Minister werde das vorgelegte Modell sicher nicht so umsetzen können.

Ähnliche Argumente bringt Niederösterreichs Landeshauptmann Erwin Pröll: "Je weniger Geld für ein Freiwilligenheer zur Verfügung steht, umso funktionsuntüchtiger ist dann eine derartige Struktur im Ernstfall, nämlich im Katastrophenfall und im gesamten Bereich des Zivildienstes. Die Zivildiener sind mittlerweile das Kerngerüst der Freiwilligenorganisationen. Und bei Katastrophen, wo wir in den letzten Jahren hart geprüft wurden, hat das Bundesheer bisher perfekt funktioniert. Es wäre für mich undenkbar, auf diesen Einsatz verzichten zu müssen. Allein in Niederösterreich haben wir derzeit etwa weit über 3000 Grundwehrdiener, also insgesamt rund 9000 Bundesheer-Angehörige."

Frage nach Volksempfinden

Mittlerweile sind jedenfalls alle fünf Parlamentsparteien für einen Volksentscheid zum Thema Wehrpflicht - wenn auch aus völlig unterschiedlichen Motiven.

FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache drängt auf eine Volksabstimmung, vor der die Bevölkerung über die Kosten einer Umstellung des Wehrsystems aufgeklärt wird. Für ihn ist die Abschaffung des Präsenzdienstes "der ungeeignetste Weg" für eine Heeresreform - auch wenn viele EU-Staaten die Wehrpflicht aussetzen oder ganz abschaffen. Am Montag warnte Strache erneut davor, dass ein Berufsheer "direkt in die Nato" führe - und somit die Neutralität des Landes abgeschafft werde.

Die Grünen wiederum goutieren den SPÖ-Plan zur Abschaffung der Wehrpflicht, können aber mit Darabos' künftigen Heereskonzept wenig anfangen. Deswegen will deren Sicherheitssprecher Peter Pilz demnächst im Plenum des Nationalrates einen Antrag für eine Volksabstimmung über das Ende der Wehrpflicht einbringen. Für eine allfällige Verfassungsänderung haben die Grünen der Regierung ihre Unterstützung zugesagt.

Vom schwedischen Modell hält die Partei jedoch auch nichts. Pilz verlangt, die ganze Miliz aus Kostengründen zu streichen und statt des Katastrophenschutzes ein Technisches Hilfswerk nach deutschem Vorbild zu schaffen, das den Job günstiger verrichtet.

Und das BZÖ will am Donnerstag im Parlament eine Volksbefragung zur Aussetzung der Wehrpflicht beantragen. Auch ihnen schwebt eine Mischform aus Freiwilligenheer mit Milizkomponente vor - aber so wollen die Orangen testen, wie "ernst" es die SPÖ mit ihren Plänen meint. (Conrad Seidl, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, Printausgabe, 18.1.2011)