Die Ergänzung der Nahrung mit verschiedenen Formen von Vitamin B oder mit Omega-3-Fettsäuren hat offenbar keine Schutzwirkung für Patienten, die einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten haben. In einer randomisierten Studie französischer Wissenschafter ergab sich unter 2.501 Teilnehmern in vier Gruppen kein Unterschied in der Häufigkeit schwerwiegender kardiovaskulärer Ereignisse. Darauf macht die Deutsche Gesellschaft für Neurologie in einer Aussendung aufmerksam. Durchschnittlich 4,7 Jahre lang hätten die Patienten nach dem Zufallsprinzip entweder B-Vitamine, Omega-3-Fettsäuren, beide Wirkstoffe oder ein Scheinmedikament erhalten. "Der Gebrauch von Nahrungsergänzungsmitteln zur Prävention kardiovaskulärer Ereignisse kann daher weiterhin nicht empfohlen werden - und darf erst recht keine bewährten Therapien ersetzen", kommentiert Hans-Christoph Diener von der Deutschen Gesellschaft für Neurologie die Studienergebnisse.

Enttäuschte Hoffnung

Der Glaube, der Gesundheit mit Vitaminpillen und anderen Nahrungsergänzungsmitteln etwas Gutes zu tun, ist weit verbreitet. Wissenschaftliche Beweise sind jedoch noch immer Mangelware. Vor diesem Hintergrund hat ein Team von Medizinern um Pilar Galan von der Université Paris jetzt die Resultate einer großen Studie vorgelegt, die erneut viele Hoffnungen enttäuschen dürfte: Insgesamt 2.501 Patienten aus ganz Frankreich, die entweder einen Herzinfarkt (1.151) oder einen Schlaganfall (639) erlitten hatten, oder bei denen eine instabile Angina pectoris (711) diagnostiziert worden war, hatten an der Untersuchung teilgenommen. Im Mittel hatten sie 101 Tage nach dem Ereignis damit begonnen, entweder ein Gemisch aus  Vitamin B6, Vitamin B12 und der Folsäure-Verbindung 5-Methyltetrahydrofolat einzunehmen, oder 600 mg der beiden Omega-3-Fettsäuren EPA und DHA, oder beide Nahrungszusätze, oder ein Scheinmedikament.

Durchschnittlich 4,7 Jahre lang hatten die Patienten zweimal täglich ihre Pillen genommen. Am Ende jedoch hatte keine der Interventionen die Gesamtzahl schwerer kardiovaskulärer Ereignisse gegenüber dem Scheinmedikament verringern können. Im Vergleich zwischen B-Vitaminen und Placebo hatten 75 gegenüber 82 Patienten ein schwerwiegendes vaskuläres Ereignis erlitten, und der Vergleich von Omega-3-Fettsäuren versus Placebo ergab 81 gegenüber 76 Ereignisse.

Scheinbar plausibler Schutzeffekt

Immer wieder hatten Wissenschafter in den vergangenen 15 Jahren berichtet, dass Menschen, die mehr B-Vitamine oder Omega-3-Fettsäuren zu sich nehmen, seltener einen Herzinfarkt oder einen Schlaganfall erlitten als der Durchschnitt der Bevölkerung. Auch wusste man bereits, dass schon moderat erhöhte Blutwerte des Stoffwechselproduktes Homocystein mit einem erhöhten Risiko für kardiovaskuläre Erkrankungen einhergehen und dass Nahrungsergänzungsmittel mit Folsäure und Vitamin B12 den Homocystein-Blutspiegel um ein Viertel zu senken vermögen. Die Hoffnung, durch die Gabe von Vitaminen das Risiko für Herz-Kreislauf-Erkrankungen zu verringern, wurde aber inzwischen in neun großen Studien enttäuscht, und Untersuchungen mit Omega-3-Fettsäuren hatten widersprüchliche Ergebnisse erbracht.

Auch in der aktuellen Untersuchung hatten sich zwar die Blutwerte jener Probanden verbessert, die Nahrungsergänzungsmittel eingenommen hatten. Der primäre Endpunkt der Studie war jedoch durch beide Interventionen unverändert gegenüber Placebo. Die Anzahl der Schlaganfälle war zwar unter B-Vitaminen deutlich geringer gewesen (21 gegenüber 36 Ereignissen), die Gesamtmortalität mit 72 gegenüber 45 Todesfällen jedoch signifikant höher. "Diese Untersuchung bestätigt somit erneut, dass positive Zusammenhänge aus Beobachtungsstudien keine gute Grundlage für Empfehlungen gegenüber den Patienten sind", warnt Diener. (red)