Im Laufe der Jahre hat man - bei Im Zentrum - sehr schrullige Strategien des Wachbleibens entwickelt, wobei sich die Fixierung auf Details als Hit erwies. Auch diesmal. Während sie im Haashaus wieder einer Frage nachgingen (Wer soll in Hinkunft Sozialdienst leisten?), hielt man die Augen durch das Studium des rollenden "R" von Silvia Fuhrmann (ÖVP) offen.

Es war nicht schrill, jedoch bemerkenswert, da es zwillingshaft an das "R" von Laura Rudas (SPÖ) gemahnte und als Form ungewollter koalitionärer Annäherung wirkte. Dank Stefan Petzner (BZÖ) kam auch ein beliebtes Zählspiel zum Einsatz - wie oft nämlich die seit Gusenbauer über alle Parteigrenzen hinweg unsterbliche Formulierung "Am Ende des Tages" quälen würde. Leider aber konnte auch das Studium des Verhältnisses zwischen Kleidungsfarbe und Botschaft wieder nicht verhindern, dass man zu Anne Will (ARD) wechselte.

Eine Erleichterung: Während sich Im Zentrum sieben Gäste um Frau Thurnher quetschten, konnten bei Frau Will fünf Gäste großraumbedingt durchatmen. Nebst dieser atmosphärischen TV-Wohltat, war auch sonst einiges Leben drin: Oskar Lafontaine versuchte, Kommunismus originell zu definieren. Beiträge wurden eingestreut. Publikum klatschte ...

Hoffentlich hat man hier die Zukunft von Im Zentrum gesehen. Ab 23. 1. ist man ja zurück auf dem Küniglberg, verspricht Geräumigkeit, besseres Licht und ein Publikum, in dem "Betroffene sitzen" werden, "die etwas zu einem Thema beitragen" . Zwar wird das TV-Rad so nicht neu erfunden, es würde aber reichen, wenn der ORF es gut nachbaut. Das würde auch verhindern, dass treue Zuschauer immer schrulliger werden.
(Ljubiša Tošić, DER STANDARD; Printausgabe, 18.1.2010)