Drei ehemalige Zöglinge von Heimen und Pflegeeltern der Salzburger Jugendwohlfahrt sind offenbar nicht nur dort, sondern danach auch in kirchlichen Betreuungseinrichten missbraucht worden. Mit diesen erschütternden Berichten von Betroffenen wurde die Ombudsstelle der Erzdiözese Salzburg konfrontiert. Nun wird mit der "Anlaufstelle für Gewalt- und Missbrauchsopfer in Einrichtungen des Landes Salzburg" geklärt, aus welchen Fonds die mittlerweile erwachsenen Opfer entschädigt werden.

Montag fand dazu ein Gespräch zwischen Mitarbeitern der Anlaufstelle und der Ombudsstelle bei Soziallandesrätin Erika Scharer statt. Es soll geklärt werden, wie diese doppelten Missbrauchsfälle im Sinne der Betroffenen am besten zu handhaben sind. "Wir wollen nicht, dass irgendwer im Kreis geschickt wird. Wir werden die Fälle prüfen, um Schnittstellen herauszufinden", hieß es aus dem Büro der Landesrätin.

Der organisatorische Leiter der Ombudsstelle der Erzdiözese, Prälat Johann Reißmeier, hielt im APA-Gespräch seine persönliche Meinung nicht hinterm Berg. Er ist der Ansicht, dass die doppelt Betroffenen von beiden Institutionen und unabhängig von einander Entschädigungszahlungen erhalten sollen. "Man muss da auf der großzügigen Seite sein. Es geht ja um Menschen mit Problemen."

Das Land Salzburg hat Entschädigungsleistungen nach dem Vorbild der kirchlichen Opferschutzkommission vorgesehen. Die Höhe des Unterstützungsfonds steht nach Überprüfung der einzelnen Fälle fest. Ein Regierungsbeschluss wird dazu vorbereit.

95 Betroffene haben sich in Salzburg gemeldet

Bei der kirchlichen Ombudsstelle in Salzburg haben sich seit dem Vorjahr insgesamt 95 Betroffene gemeldet, eine Person erhielt laut der Opferschutzkommission bisher eine finanzielle Entschädigung.

Seit der Gründung der Anlaufstelle des Landes im September 2010 haben sich 64 Betroffene telefonisch gemeldet, mit 42 Personen wurde mindestens ein Beratungsgespräch geführt. Es geht um sexuelle oder körperliche Übergriffe im Zeitraum 1945 bis etwa 1970. Die Opfer waren meist Kinder oder Jugendliche. In den Siebziger-Jahren wurde das Betreuungssystem der Jugendwohlfahrt geändert und auf kleinere Wohngemeinschaften umgestellt, die laut Scharer sehr gut funktionieren. Heime gibt es keine mehr.

Um das Fürsorgesystem der Nachkriegszeit bis Ende der 1970er Jahren genauer zu beleuchten, lässt das Sozialressort eine Studie unter der Leitung des Salzburger Historikers Robert Hoffmann erstellen. "Es geht nicht nur um Missbrauch. Die Studie dient zur Aufarbeitung der Struktur der damaligen Fürsorge-Erziehung", schilderte der Universitätsprofessor für Neuere Geschichte an der Universität Salzburg.

Zusammen mit seinen Kolleginnen Ingrid Bauer und Christina Kubik wird Hoffmann das Landesarchiv nach Unterlagen durchforsten. "Parallel dazu machen wir Interviews mit ehemaligen Mitarbeitern im Fürsorgewesen und ehemaligen Zöglingen, wenn sie sich zur Verfügung stellen", erläuterte Hoffmann. Ein Zwischenbericht soll bereits im Sommer vorliegen, vorgestellt wird die Studie dann im Jänner 2012. (APA)