Anhänger und Kritiker des glücklosen und unpopulären irischen Premierministers waren sich am Dienstag einig: Brian Cowen würde von seiner Parlamentsfraktion in einer Vertrauensabstimmung am Ende der nächtlichen Sitzung zähneknirschend unterstützt werden.

Finanzminister Brian Lenihan, der als möglicher Nachfolger Cowens gilt, stellte sich hinter den Premier. Auch Justizminister Dermot Ahern und Transportminister Noel Dempsey unterstützen demonstrativ den 51-Jährigen.

Cowen hatte am Sonntag nach ausführlichen Gesprächen mit den Abgeordneten seiner Fianna-Fáil-Partei über seinen weiteren Verbleib an der Parteispitze die Flucht nach vorne angetreten: er wolle die Vertrauensfrage selber stellen, hatte er angekündigt.

Katastrophale Umfragen

Sein aussichtsreichster Rivale, Außenminister Micheál Martin, kündigte sogleich an, er könne Cowen nicht unterstützen, ließ sich aber seltsamerweise überreden, im Kabinett zu bleiben.

Die jüngste Revolte gegen Cowen war einerseits von katastrophalen Meinungsumfragen ausgelöst worden: Fianna Fáil, die bisherige Staatspartei, ist auf 14 Prozent abgesackt; in den letzten Jahrzehnten hatte die Partei jeweils mit 40 Prozent Zustimmung rechnen dürfen.

Andererseits hatte ein Buch für Unruhe gesorgt. Darin enthüllt der inzwischen bankrotte Chef der Anglo Irish Bank, Seán Fitz Patrick, Cowen habe im Sommer 2008 einen ganzen Tag mit ihm und anderen Managern der Bank auf dem Golfplatz und im Restaurant verbracht. Wenige Wochen später kam Anglo Irish - das Casino der irischen Immobilien-Spekulanten - in den Genuss der Staatsgarantie für die irischen Banken.

Anglo allein wird den irischen Steuerzahler mindestens 30 Milliarden Euro kosten. Cowen bestritt vehement, dass die Golfpartner über die Bank gesprochen hätten, aber in der öffentlichen Wahrnehmung bestätigte die Episode den Verdacht, dass Fianna Fáil, die Banken und die Spekulanten unter einer Decke gesteckt hatten.

Angesichts der bevorstehenden Neuwahlen, die vermutlich vor Ende März stattfinden werden, wollte die Partei vergangene Woche versuchen, ein anderes Gesicht aufs Wahlplakat zu zaubern. Doch Cowen wehrte sich, seine Rivalen zögerten. Ob es als glanzvoller Triumph gelten darf, dass Cowen nun seine demoralisierte Partei in eine prognostizierte Niederlage führen darf, lässt sich nicht mit Bestimmtheit sagen. (Martin Alioth aus Dublin/DER STANDARD, Printausgabe, 19.1.2011)