Wien - Die Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus lässt weiter auf sich warten. SPÖ und ÖVP hatten im Vorjahr zwar eine Lösung zugesagt, aber keine konkreten Schritte gesetzt. Die Grünen fordern nun die wissenschaftliche Aufarbeitung der Justizakten aus der Zeit von 1933 bis 1938. Urteile gegen Personen, die wegen ihres Eintretens für Demokratie und Rechtsstaat verurteilt wurden, sollen aufgehoben werden, fordert Grünen-Justizsprecher Albert Steinhauser.

Insbesondere das Desinteresse der SPÖ ist für Steinhauser "verwunderlich". Immerhin sei der Widerstand gegen den Austrofaschismus ein Stück der historischen "Kronjuwelen" der Sozialdemokraten. Steinhauser erinnert daran, dass auch Bruno Kreisky, dessen 100. Geburtstag die SPÖ dieser Tage feiert, vom Ständestaatsregime wegen Hochverrats verurteilt und nie rehabilitiert worden war. Dass Nationalratspräsidentin Barbara Prammer entgegen erster Ankündigungen keine weiteren Schritte gesetzt habe, wertet er als "Vertrauensbruch".

Antrag auf Forschungsprojekt

Steinhauser fordert nun in einem am Donnerstag im Nationalrat eingebrachten Antrag ein Forschungsprojekt zur Aufarbeitung der Politjustiz der Jahre 1933 bis 1938, auf dessen Basis dann die Aufhebung aller Urteile gegen Personen erfolgen soll, die wegen ihres Eintretens für die Demokratie vor Gericht gezerrt wurden. Dass dabei auch Personen rehabilitiert werden könnten, die an nationalsozialistischen Terroranschlägen beteiligt waren, soll demnach mittels Einzelfallprüfungen vermieden werden.

Diese Vorgehensweise hatten SPÖ und ÖVP bereits im Vorjahr im Justizausschuss zugesagt. Tatsächlich erstellt wurde aber nur ein bisher nicht veröffentlichtes Gutachten über den Forschungsstand. Wie Co-Autor Oliver Rathkolb im STANDARD sagt, kommt das Gutachten zum Ergebnis, dass eine Rehabilitierung bereits jetzt weitgehend möglich wäre. "Geben Sie mir einen versierten Verfassungsjuristen, und in einer Woche liegt ein entsprechender Gesetzesentwurf auf dem Tisch", so Rathkolb. Einzelfallprüfungen wären demnach nur in verhältnismäßig wenigen Fällen nötig.

Reaktion von SPÖ und ÖVP

SPÖ und ÖVP streben "in den nächsten Wochen" eine Klärung der weiteren Vorgehensweise in Sachen Rehabilitierung der Opfer des Austrofaschismus an. Gespräche auch mit den zuständigen Ressorts seien im Laufen, hieß es am Donnerstag aus den Büros von Nationalratspräsidentin Barbara Prammer und dem Zweiten Präsidenten Fritz Neugebauer. Der Prozess gehöre gut aufgesetzt und dazu seien entsprechende Vorbereitungen nötig. (APA)