Warschau - Konservative polnische Publizisten werfen dem öffentlichen Fernsehsender TVP vor, die Meinungsfreiheit zu beschränken. Sie beziehen sich darauf, dass vor kurzem mehrere Programme mit dezidiert konservativem Profil eingestellt wurden. Dies sei eine "reale Gefahr für die Demokratie in Polen", heißt es in einem gemeinsamen Aufruf der Publizisten.

"Es geht nicht um uns, sondern darum, dass die Zuschauer sich mit verschiedenen Ansichten auseinandersetzen sollen", erklärte Bronislaw Wildstein, ehemals Moderator einer eigenen Diskussionssendung bei TVP, am Mittwoch bei einer Kundgebung vor der Kanzlei von Ministerpräsident Donald Tusk. Seiner Ansicht nach haben sich die öffentlichen Medien in Polen zu einem "Jagdrudel der Regierenden im Land" gewandelt. Die Demonstranten hielten Plakate hoch, die davor warnten, Polen werde zu einem "zweiten Weißrussland".

Seit vergangenem September nahm TVP fünf Diskussionssendungen aus dem Programm, die von konservativen Journalisten geleitet wurden. Prominentestes Beispiel ist neben Wildstein der Publizist Jan Pospieszalski, der mit einem Film über das Smolensker Flugzeugunglück vom April des vergangenen Jahres für Aufregung gesorgt hatte. Gleichzeitig verloren mehrere konservative Redakteure ihre Stellen in der Nachrichtenredaktion von TVP1, darunter der ehemalige Nachrichtenchef Jacek Karnowski.

TVP änderte seine Personal- und Programmpolitik in der Folge der Präsidentenwahl im vergangenen Sommer. Mit Bronislaw Komorowski wurde ein Vertreter aus der rechtsliberalen Regierungspartei "Bürgerplattform" (PO) Staatsoberhaupt und akzeptierte ein von der Parlamentsmehrheit verabschiedetes neues Mediengesetz. So konnten Parlament und Präsident den nationalen Rundfunkrat KRRiT neu besetzen, der wiederum die Aufsichtsräte der öffentlichen Medien bestimmt. Während der frühere Rat von der rechtskonservativen Oppositionspartei "Recht und Gerechtigkeit" (PiS) dominiert war, haben dort nun Vertreter von PO und der Oppositionspartei "Bündnis der demokratischen Linken" (SLD) die Mehrheit.

In den vergangenen Jahren hatte die PO die öffentlichen Medien immer wieder dafür kritisiert, dass sie die PiS bevorzugt hätten. Unabhängige Untersuchungen - etwa der Berichterstattung vor der Präsidentenwahl 2010 - hatten dies bestätigt. Vertreter des polnischen Journalistenverbandes werfen der Regierungskoalition vor, nun selbst ihre dominierende Stellung auszunützen, anstatt für unabhängige öffentliche Medien zu sorgen. (APA)