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EU boykottiert Angelobung: Alexander Lukaschenko.

Foto: Reuters/Garanich

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Die Eltern des dreijährigen Danil sitzen seit dem Wahlabend in einem Gefängnis des weißrussischen Geheimdienstes KGB. Seine Oma kämpft nun für das Sorgerecht.

Foto: AP/Grits

Der weißrussische Staatschef Alexander Lukaschenko geht weiter unbarmherzig gegen die Opposition vor. Als Druckmittel gegen den Ex-Präsidentschaftskandidaten Andrej Sannikow dient dessen dreijähriger Sohn.

 

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Minsk/Moskau - 32 Botschafter und Vertreter ausländischer Organisationen werden am Freitag an der feierlichen Angelobung des weißrussischen Präsidenten Alexander Lukaschenko in Minsk teilnehmen. Die EU-Vertreter ziehen es jedoch vor, der Zeremonie fernzubleiben und stattdessen geschlossen zu einer Konferenz für Menschenrechte nach Litauen zu fahren.

Der Palast der Republik, in dem Lukaschenko zum vierten Mal seinen Amtseid ablegen wird, befindet sich am Oktoberplatz. Jenem Platz, an dem der frisch gewählte Präsident am 19. Dezember gegen die großteils friedlichen Demonstranten Gewalt anwenden ließ.

Am Abend der Wahl, die von Beobachtern als fehlerhaft kritisiert wurde, wurden mehr als 700 Oppositionelle verhaftet. 33 Personen sind bereits wegen Anstiftung zu Massenausschreitungen angeklagt. Ihnen drohen bis zu 15 Jahren Haft.

Auch einen Monat nach der umstrittenen Wahl gehen die Verhaftungen und Hausdurchsuchungen weiter. "Es gab auch vor der Präsidentenwahl immer wieder Repressionen, aber seit dem 19. Dezember finden diese täglich statt. Die Behörden hören nicht auf, Leute zu verhaften" , sagt Enira Bronitskaja. Die damals 24-Jährige wanderte vor der Präsidentenwahl 2006 für ihre Tätigkeit als unabhängige Wahlbeobachterin für ein halbes Jahr hinter Gitter.

Die Behörden forschen die Teilnehmer an der Demonstration - laut internationalen Nachrichtenagenturen zehntausende - anhand von Telefondaten aus, berichtet Bronitskaja. Darunter auch Kunden von Velcom, einer Tochtergesellschaft der Telekom Austria.

Die Mobilfunkbetreiber sind in Weißrussland gesetzlich dazu verpflichtet, ein Interface zu betreiben, über das die Behörden das Telefon orten können. Die Polizei kann somit feststellen, wer sich am 19. Dezember am Oktoberplatz aufgehalten hat.

"Alle leben in ständiger Angst. Man wird abgeholt und weiß nicht, ob man als Zeuge oder Verdächtiger verhört wird" , sagt Bronitskaja. Druck wird auch auf die wenigen unabhängigen Medien ausgeübt. Sämtliche Redakteure der oppositionellen Internetplattform charter97.org wurden bereits verhaftet. Eine Sekretärin, die sich rechtzeitig in Sicherheit bringen konnte und sich seit dem Wahlabend versteckt, hält den Betrieb weiter aufrecht. Der Radiosender Awtoradio wurde am 11. Jänner wegen "Aufruf zum Extremismus" geschlossen, weil er Werbebotschaften der oppositionellen Präsidentschaftskandidaten sendete.

Die Behörden bedienen sich zunehmend Methoden, die unter dem sowjetischen Diktator Josef Stalin populär waren. Damals waren Kinder von Regimekritikern in Waisenhäusern verschwunden. Dasselbe Schicksal droht dem Sohn des oppositionellen Präsidentschaftskandidaten Andrej Sannikow und der Journalistin Irina Chalip. Nachdem beide Eltern am Wahlabend verhaftet wurden und seitdem im KGB-Gefängnis sitzen, wohnt der dreijährige Danil bei seiner Großmutter Lucina Chalip.

Schicksalstag für Danil

Doch keiner weiß, wie lange noch. Das Jugendamt bezweifelt, dass die 74-Jährige in der Lage sei, für ihren Enkelsohn zu sorgen, und droht damit, Danil in ein Kinderheim zu stecken. Chalip muss nun einige Untersuchungen über sich ergehen lassen, um ihre Eignung unter Beweis zu stellen. Einen ersten medizinischen Test hat Danils Großmutter bereits bestanden. Eine endgültige Entscheidung wird für kommende Woche erwartet.

Bis Ende Jänner will auch die EU entscheiden, ob und welche Sanktionen gegen das Regime Lukaschenko verhängt werden. Die EU-Parlamentarier sprachen sich am Donnerstag dafür aus, dass Finanzhilfen und Darlehen aus verschiedenen EU-Programmen gestrichen werden und gegen Lukaschenko und andere Staatsvertreter eine Visumsperre in Kraft gesetzt wird. Lukaschenko kündigte harte Gegenmaßnahmen an. (Verena Diethelm/DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2011)