Beirut/Wien - Nach nur wenigen Tagen sind die regionalen Mediationsversuche in der innenpolitischen Krise im Libanon selbst in der Krise: Nach dem Rückzug der saudischen Vermittler am Mittwoch brachen der türkische Außenminister Ahmed Davutoglu und Katars Premier Hamad Al Thani am Donnerstag ihre Gespräche in Beirut ab, nachdem sie zuvor bereits von Fortschritten gesprochen hatten.
Bei der Vermittlung geht es darum, nach der (noch nicht veröffentlichten) Anklage des Uno-Hariri-Tribunals gegen Hisbollah-Mitglieder und dem Zerbrechen der Regierung in Beirut einen neuen Ausgleich zwischen der schiitischen Hisbollah und ihren Verbündeten einerseits und den sunnitischen Kräften um Saad Hariri andererseits zu finden. Das Uno-Tribunal untersucht das Attentat, bei dem 2005 Rafik Hariri, Expremier und Vater des jetzigen Premiers Saad Hariri, ermordet wurde.
Die Hisbollah beschuldigt Israel, die vom Tribunal vorgebrachten Beweise gegen Hisbollah-Mitglieder gefälscht zu haben, und verlangt, dass sich die libanesische Regierung vom Tribunal distanziert. Saad Hariri will sie nicht mehr als Premier akzeptieren. Die innenpolitische Krise kommt nach einer nur etwas länger als einjährigen stabilen Phase im Libanon, in der die Kräfte des 8. März (Hisbollah & Co) mit den Kräften des 14. März (Sunniten um Hariri) in einer Regierung zusammengearbeitet hatten.
Die Türkei und Katar, das auch 2009 bereits intervenierte, versuchten nach eigener Aussage auf der Grundlage eines saudisch-syrischen Kompromissvorschlags zu vermitteln, der vorige Woche zusammengebrochen war. Offenbar schaltet nun die Hisbollah auf stur. Was genau zum Ausstieg der Saudis einen Tag zuvor geführt hatte, war ebenfalls noch nicht ganz klar.
Es gibt Aussagen aus dem Hariri-Umfeld, dass sich Saudi-Arabien wieder mit Syrien überworfen habe. Saudi-Arabien erscheint aber auch manchmal vom kata-rischen Aktivismus leicht genervt - und dürfte auch nicht begeistert darüber gewesen sein, dass die USA Premier Hariri in der Vorwoche abrieten, einen Kompromiss mit der Hisbollah einzugehen. Riad ist jedoch als Vermittler in dieser Sache auch durch Wikileaks beschädigt: Aus den veröffentlichten US-Depeschen war klar hervorgegangen, dass Saudi-Arabien einen US-Militärschlag gegen den Iran - den Sponsor der Hisbollah - begrüßt hätte.
Am Donnerstag wollte in Beirut noch niemand von einem Ende der Vermittlungsversuche sprechen. Der saudische Außenminister Prinz Saud hatte in dramatischen Worten vor der "gefährlichen" Situation im Libanon gewarnt, der entlang konfessioneller Linien zerbrechen könnte. (Gudrun Harrer/DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2011)