Gerupftes Huhn gegen eitlen Gockel: Bundeskanzler Kreisky im Intimkampf mit seinem Ziehsohn Hannes Androsch - aus der Sicht von Ironimus.

Foto: Ironimus

Krems - Lob vom Karikierten für den Karikaturisten? Im Fall von Kreisky und Ironimus (Gustav Peichl) ist selbst das vorgekommen. Grund für so viel Freude - der Bundeskanzler griff sogar zum Telefonhörer, um sein Wohlgefallen mitzuteilen - war eine Karikatur von 1973: Sie zeigt den sogenannten Medienkanzler selig grinsend hinter einer Zeitung hervorlugen. Diese titelt im Superlativ: "Kreisky ist der Größte", "Bruno ganz groß" und so weiter.

Kreisky war Ironimus' liebstes Motiv. Nicht ohne Grund hat er rund 450 Karikaturen von dem Menschen gefertigt, für den man, wie er feststellte, die politische Karikatur im Zweifelsfall hätte erfinden müssen: "Im Gegensatz zu vielen anderen Politikern hatte Kreisky ein Gesicht. Ein Politiker muss ein Gesicht haben, dass man zeichnen kann. Wenn er keines hat, ist er kein Politiker".

Die Haare, der breite Kopf, damit konnten die Karikaturisten schon etwas anfangen, bestätigt die Leiterin des Karikaturmuseums Jutta Pichler. "Er hat so viel Projektionsfläche für Karikaturisten geboten", auch charakterlich mit seiner starken Persönlichkeit, den Widersprüchen. 50 dieser Blätter hat die Leiterin des Karikaturmuseums nun für die Schau Der wahre Kreisky im Kabinett ausgewählt.

Der kleine Raum wurde dafür in intensives Rot getaucht, so rot wie einst Kreiskys Politik. Die Auswahl bietet einen heiteren Abriss österreichischer Politik der Jahre 1964 bis 1984: Die vielen dringlichen Anfragen von Karl Schleinzer, im Jahr 1971 ÖVP-Bundesparteiobmann, übersetzt Ironimus' Zeichenstift in eine lästige Wespe, die den ungerührten Kreisky in die Nase sticht. Kreisky als Salzburger-Nockerl-Koch für Kissinger und Nixon 1974 oder als Pope mit dem Klingelbeutel zur Ölkrise 1976. Hintergründe der zeichnerischen Anekdoten erzählt das begleitende Buch von Journalist Hans Werner Scheidl kurzweilig.

Besonders gut getroffen sind allerdings die Zeichnungen zum "Königsdrama" Kreisky versus Androsch: 1974 hält König Kreisky noch seine Prinzen Leopold Gratz und Hannes Androsch als Kasperlpuppen in die Höhe, inspiziert 1977 das Budgetloch in Form von Androschs durchgewetztem Hosenboden. Es folgt der Hahnenkampf 1980 bis zum grotesken Finale 1984: Als letzten Willen fertigt Kreisky eine Skizze. Sie zeigt den einstigen Ziehsohn am Galgen. (Anne Katrin Fessler/ DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2011)