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Foto: AP/Maben

Nicht einmal seine Eltern wollten Jared Lee Loughner vor Gericht beistehen. Aber eine Hand ruhte immer wieder beruhigend auf seinem Rücken, als die Anklage wegen mehrfachen Mordes gegen ihn, den mutmaßlichen Todesschützen von Arizona, verlesen wurde. Es war Judy Clarkes Hand.

Die wohl bekannteste und umstrittenste Pflichtverteidigerin der USA übernimmt gern die Härtefälle. Die Liste ihrer Klienten liest sich für die meisten US-Amerikaner wie das "Best of" des personifizierten Bösen: "Una-Bomber" Ted Kaczynski ist darunter, Zacarias Moussaoui, der an den Anschlägen vom 11. September 2001 beteiligt war, oder Eric Rudolph, dessen Bombe bei den Olympischen Spielen in Atlanta zwei Menschen tötete und 111 verletzte.

Diese Männer befinden sich in guter Gesellschaft mit Susan Smith, die in South Carolina ihre zwei Söhne ertränkt hat. Sie alle wurden von Clarke verteidigt und durch ihre präzise Verteidigungsstrategie vor der drohenden Todesstrafe bewahrt, die Clarke in lebenslange Haft umwandeln konnte.

Die 58-Jährige gilt als Meisterstrategin und Legende unter den Strafverteidigern. Die New York Times attestierte ihr ein "enzyklopädisches Wissen im Strafrecht" , kaschiert durch eine ausgeprägte Medienaversion sowie ein unscheinbares Äußeres.

Clarke setzt sich offen, obwohl aus einer konservativen Republikaner-Familie in Asheville, North Carolina, stammend, gegen die Todesstrafe ein. Ihr Engagement für das Leben der Todeskandidaten wird in der Öffentlichkeit nicht immer goutiert.

Nachdem Clarke die Kindesmörderin Smith vor der Giftspritze bewahrt hatte, erließ South Carolina ein Gesetz, dass künftig nur mehr Verteidiger aus diesem Bundesstaat eingesetzt werden dürfen. Die 61.641 Euro Honorar retournierte sie an den Staat - für die Verteidigung anderer mittelloser Angeklagter.

Ihren ausgeprägten Sinn für unabhängiges Denken hat sie von ihrer Mutter: Diese versuchte in den 90er-Jahren erfolglos, den amtierenden republikanischen Senator Jesse Helmes aus dem Amt zu jagen. Dieser hatte über Judy Clarkes an Aids verstorbenen Bruder in einem Brief geschrieben, dass dieser mit seiner Sexualität "russisches Roulette gespielt" habe.

Die Strafverteidigerin, die von der Presse auch als "Engel der Gefallenen" bezeichnet wird, unterhält mit ihrem Mann Speedy Rice eine private Kanzlei in San Diego und lehrt nebenbei an der Washington and Lee University in Virginia. (Julia Herrnböck/DER STANDARD, Printausgabe, 21.1.2011)