Für die Entwicklung eines quantenkryptographischen Systems, mit dem sich Botschaften über weite Strecken vollkommen abhörsicher übertragen lassen, wird der aus Österreich stammende Physiker Harald Weinfurter und sein Kollege Chrisitan Kurtsiefer (beide Ludwig-Maximilians-Universität München) mit dem Philip Morris Forschungspreis 2003 ausgezeichnet. Die beiden Forscher, die am Donnerstag ihre Arbeit in München präsentierten, haben das komplexe System vereinfacht, verkleinert und in der Praxis erprobt. Damit ist ihnen ein entscheidender Schritt in Richtung Alltagstauglichkeit für sichere Datenübertragung gelungen, begründet man seitens der Preis-Stiftung die Auszeichnung, die am 4. Juni verliehen wird.

Verschlüsselte Botschaften und Tresore

Verschlüsselte Botschaften und Tresore haben eines gemeinsam: Ihr Inhalt ist nur geschützt, solange der Schlüssel nicht in unbefugte Hände fällt. Bei Botschaften besteht dieser Schlüssel meist auf einer zufälligen Zahlenfolge, mit deren Hilfe die zu übertragende Information ver- und entschlüsselt wird. Um sicher kommunizieren zu können, müssen also die Sendestation, von Kryptologen (Kryptographie ist die Kunst, verschlüsselte Botschaften auszutauschen) traditionell "Alice" genannt, und "Bob", der Empfänger, schon zuvor abhörsicher die Schlüsselsequenz austauschen. Derzeit macht man dies mit mathematischen Tricks und hofft dabei, dass neugierigen Mithörern ("Eve" von Eavesdropper/Lauscher) die Rechenkapazität fehlt, die Sequenz zu knacken. "Doch jederzeit könnte jemand eine geniale Idee haben, um die gängigen Codesysteme zu brechen", warnt Kurtsiefer. Aus diesem Grund sollen Geheimdienste und Diplomaten nach wie vor Schlüssel per Kurier überbringen, wenn Geheimhaltung absolute Priorität hat.

Nicht für Regierungen und Geheimdienste

Doch nicht nur für Regierungen und Geheimdienste ist die Übertragung verschlüsselter Daten von entscheidender Bedeutung. Banken etwa schicken täglich Billionen Euro um den Erdball und benutzen dabei laut Philip Morris Forschungspreis-Stiftung Codesysteme, deren Sicherheit nicht garantiert sei. Bei jeder Bankomat-Behebung oder Kreditkarten-Transaktion musste man sich bisher auf solche Systeme verlassen.

"Alice" oder "Bob"

Das neue System der beiden Preisträger nutzt die Möglichkeiten der Quantenphysik, um das Problem der Schlüsselverteilung eleganter und absolut sicher zu lösen. Damit lassen sich zwar keine Botschaften selbst, sondern nur der Schlüssel übermitteln. Da diesen aber niemand kennen kann, ist es möglich, die Informationen selbst auf herkömmlichen Weg, etwa über das Internet, zu übertragen. Die Schlüssel-Info wird dabei mit einzelnen Lichtteilchen (Photonen) übermittelt, ein feindlicher Lauscher würde sich unweigerlich verraten, weil er den Quantenzustand dieser Teilchen stört und das von "Alice" oder "Bob" bemerkt würde.

Und so funktioniert das von Weinfurter und Kurtsiefer entwickelte System: Beim Sender sitzen rings um einen kegelförmigen vergoldeten Spiegel Laserdioden, die Licht im nahen Infrarotbereich erzeugen. Ein speziell entwickelter Quanten-Zufallsgenerator löst zehn Millionen Mal in der Sekunde eine der vier Dioden aus, die dann einen sehr schwachen Lichtimpuls (meist ein einzelnes Photon) über den Spiegel zum Empfänger schicken. Entscheidend dabei ist, dass jede Diode Lichtteilchen mit einer anderen Polarisationsrichtung, also die Richtung ihrer Schwingung, aussendet. Die Orientierung dieser zufällig produzierten Photon-Polarisation ist die eigentliche Information, der Schlüssel.(APA)