Frankfurt/Main - Die Europäische Zentralbank (EZB) verharrt trotz der trüben Wirtschaftslage im Euroraum in Wartestellung. Obwohl der Irak-Krieg beendet sei, gebe es weiterhin Risiken für die konjunkturelle Erholung. Dies betonte EZB-Präsident Wim Duisenberg nach der Ratssitzung am Donnerstag in Frankfurt. "Wir brauchen mehr Informationen, ob die jüngsten Entwicklungen andauern oder sich umkehren."

Die Notenbank hatte zuvor die Leitzinsen in der Eurozone wie erwartet unverändert gelassen. Damit bleibt der wichtigste Zins zur Versorgung der Kreditwirtschaft mit Zentralbankgeld bei 2,50 Prozent. Auch die englische Notenbank Bank of England verzichtete am Donnerstag auf eine Zinsänderung.

Freiraum für Lockerung vorhanden

Dabei hätten die europäischen Währungshüter nach Ansicht zahlreicher Volkswirte genügend Freiraum für eine Lockerung der geldpolitischen Zügel. Die Inflation in Euroland sank im April nach vorläufigen Daten auf 2,1 Prozent. Deutliche Anzeichen für einen Wirtschaftsaufschwung bleiben bisher aus. Der Euro ist so stark wie seit vier Jahren nicht mehr. Gerade darin sehen einige Ökonomen eine mögliche Bremse für die Konjunktur.

Diese Sorge teilt der EZB-Chef nicht. "Das aktuelle Niveau entspricht historischen Durchschnittswerten", betonte er. An der Entwicklung gebe es nichts Übertriebenes. "Der Kurs ist mit der gleichen Schnelligkeit hoch gegangen wie er vor zwei Jahren runter gegangen ist."

Ein Prozent Wachstum

Derzeit hält die EZB an ihrer Prognose fest, die von etwa ein Prozent Wachstum in der Eurozone ausgeht. Allerdings werden im Moment routinemäßig neue Daten ausgewertet. Im Juni wollen die Währungshüter ihre aktuelle Konjunkturerwartung vorstellen.

Die Preisstabilität ist nach Meinung der Notenbank mittelfristig ungefährdet. Allerdings werde die Inflation erst Ende 2003 unter zwei Prozent fallen. Diesen Wert setzt die EZB mit stabilen Preisen gleich. Künftig wollen die Zentralbanker aber nicht mehr so streng umgehen. Der EZB-Rat orientiert sich nunmehr an einer Teuerungsrate von "nahe zwei Prozent".

Damit soll verhindert werden, dass einzelne Länder durch eine zu rigide Geldpolitik in die Deflation abgleiten. Dies ist eine Abwärtsspirale mit sinkenden Preisen und Wirtschaftsleistung. (APA/dpa)