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Objekt der Ausstellung 'Marcel Duchamp - Druckgraphik' im Heiligenkreuzerhof

Foto: APA/2003 Succession Marcel Duchamp; ADAGP Paris VBK Wien

Wien - Marcel Duchamp (1887-1968), Erfinder des "Ready-made" und gerne als ein Vater der zeitgenössischen Kunst bezeichnet, ist in Wien bisher noch nie in einer großen Schau vorgestellt worden. Eine Möglichkeit, sich seinem komplexen Werk und Denken anzunähern, bietet nun ein dreiteiliges Projekt der Universität für Angewandte Kunst, bestehend aus einer Ausstellung seines druckgrafischen Oeuvres ab 9.5. im Heiligenkreuzerhof, sowie dem begleitenden Katalog und einem Symposium am 10.Mai.

"Höchst selbstreflexives" Werk

Als "Studienschau", eingebettet in die wissenschaftliche Katalogarbeit und das Symposium, sieht Kurator Martin Zeiller die auf der Wiener Sammlung Hummel basierende Ausstellung, die Werke aus fast allen Schaffensphasen umfasst: "Duchamp erschließt sich nicht so leicht. Man muss sich auf ihn einlassen." Gerade an Hand von Duchamps Druckgrafik werde sichtbar, dass sich das "Ready-made"-Prinzip, also das zur Kunst Erklären vorgefundener Objekte, durch sein "höchst selbstreflexives" Werk insgesamt ziehe.

In den 20er Jahren fing Duchamp, der seine Künstlerlaufbahn ursprünglich als Maler begonnen hatte, damit an, sich selbst zu zitieren. Aber ohne sich zu wiederholen, so Zeiller. "Er macht sein Werk zum Gegenstand seines Werks, er verschiebt immer wieder die Perspektive darauf." So hat er etwa von seinem kubistischen Bild "Akt, eine Treppe hinabsteigend", mit dem er 1913 in der New Yorker Armory Show schlagartig in den USA bekannt wurde, 50 Jahre später für ein Ausstellungsplakat eine Reproduktion so ausgeschnipselt und mit Schatten versehen, dass das Motiv nun wie eine Skulptur wirkt.

Erotisierungen

Eine Ausstellungs-Einladung aus dem Jahr 1965 zeigt eine Postkarte der Mona Lisa mit der Unterschrift "rasee" (rasiert) und der lautmalerischen Abkürzung "L.H.O.O.Q." (auf Deutsch: "Ihr ist heiß am Arsch" bzw. "Sie ist ganz heiß"): Ein Zitat von Duchamps berühmter Mona Lisa-Persiflage mit Schnauzer von 1919, die ihrerseits ja bereits Leonardo zitierte. Erotisierungen berühmter Werke aus der Kunstgeschichte finden sich auch in einem Zyklus von Radierungen, wo "Rrose Selavy", wie Duchamp sich zeitweise nannte - ein Sprachspiel aus "eros c'est la vie", also "Das Leben ist Eros" - etwa das Feigenblatt von Cranachs "Adam und Eva" durch einen Rosenbusch ersetzte und bei Rodins "Kuss" die Hand des Liebenden sich zwischen die Schenkel seiner Gefährtin verirren ließ.

Zu seinem rätselhaften Bild "Das große Glas" (1915-1923) lieferte Duchamp seinen Kommentar gleich mit: gesammelt in der "Grünen Schachtel". Indem er so, auf Buchumschlägen, in Katalogen oder Boxen, zu seinem eigenen Aussteller und Vermittler wurde, thematisierte er die Rezeption seiner Werke gleichsam als reales "Musee imaginaire". Von seinen ursprünglichen 24 "Ready-mades" ist übrigens keines mehr im Original erhalten. Duchamp baute sie immer wieder nach, allerdings nie exakt gleich. Diesem Prinzip genügt auch ein Flaschentrockner, der in der Schau, nicht aber im Katalog zu sehen ist: Herkunft: Pariser Flohmarkt, 2002. (APA)