Belgrad - Die Belgrader Behörden scheinen bemüht zu sein, sich des einstigen Chef des serbischen Staatssicherheitsdienstes Jovica Stanisic und seines einstigen Stellvertreters Franko Simatovic in aller Eile zu entledigen. Die einstigen Mitarbeiter von Slobodan Milosevic sollen am heutigen Donnerstag von einem Untersuchungsrichter vernommen werden, nachdem Montag Abend vor dem UNO-Kriegsverbrechertribunal Anklage gegen sie erhoben worden war.

Stanisic und Simatovic wurden in Belgrad gleich nach der Ermordung von Regierungschef Zoran Djindjic festgenommen. Wenngleich nicht mehr im Amt, durften die beiden einstigen Geheimpolizisten laut Medienberichten bis vor kurzem die heimischen "Todesschwadronen" unter Kontrolle gehabt haben. Gemeint ist ihr vermutlicher anhaltender Einfluss auf die Spezialpolizeieinheit "Rote Barette", die gerade von ihnen in den frühen neunziger Jahren gebildet worden war. Es gilt als gesichert, dass sowohl die Ermordung von Djindjic am 12. März als auch die des einstigen serbischem Staatschefs Ivan Stambolic im August 2000 von Angehörigen der inzwischen aufgelösten Polizeieinheit verübt worden waren.

Querverbindungen und Freundschaften

Die Belgrader Wochenzeitschrift "Vreme" legt in ihrer jüngsten Ausgabe (Donnerstag) indes nahe, dass sich die Regierung in Belgrad der beiden Geheimpolizisten auch wegen Querverbindungen und zahlreicher ehemaliger Freundschaften mit Regierungsmitgliedern entledigen möchte. Djindjic selbst hatte nie ein Hehl aus seiner Freundschaft mit Stanisic gemacht. Wie und wann es zu dieser Freundschaft gekommen war, wurde nie geklärt. Unzufriedenheit über die Eile, mit der Stanisic und Stamatovic an das UNO-Tribunal ausgeliefert werden sollen, bekundete in der Öffentlichkeit bis jetzt nur der Parlamentspräsident Serbien-Montenegros, Dragoljub Micunovic,.

In Belgrad wurde gegen die beiden einstigen Geheimpolizisten bis jetzt keine Strafanzeige eingereicht. Der Außenminister Serbien-Montenegros, Goran Svilanovic, hatte allerdings schon Mitte April angekündigt, dass sie an das UNO-Tribunal überstellt würden, sollte Anklage erhoben werden.

Auf die Auslieferung an das UNO-Tribunal wartet unterdessen schon seit fast drei Wochen ein ehemaliger jugoslawischer Offizier. Miroslav Radic war zusammen mit Veselin Sljivancanin und Mile Mrksic wegen Massakers von rund 250 Kroaten unweit von Vukovar vor knapp zehn Jahren angeklagt worden. (APA)