Bild nicht mehr verfügbar.

Morgan Alling als 'Mercutio, Herr Montague', Piotr Torzawa Giro als 'Romeo' und Dag Andersson in der Rolle des 'Benvolio'

Foto: APA/Herbert P. Oczeret

Wien - Gastieren der Circus Roncalli oder der kanadische Cirque du Soleil in Wien, findet ihr Wirken - ungeachtet der artistischen Brillanz der Akteure - kaum je Erwähnung auf den Kulturseiten. Ein Grund: Weniger der begnadete Körper interessiert als Anlass kulturästhetischer Reflexion als vielmehr das intellektuelle Konzept in dem Kopf darauf (oder dahinter - eines Regisseurs, Choreografen). Kunst unterscheidet von Kunsthandwerk (im Fall der Artisten: Kunstkörperwerk) nicht zuletzt die formalisierte Reaktion auf die Gegenwart.

Um eine Truppe des neuen vegetarischen, also tierlosen Zirkus handelt es sich auch beim Stockholmer Circus Cirkör. Gemeinsam mit Akteuren des Königlichen Dramaten Theaters entwickelte dessen Truppe vor zwei Jahren eine artistische Bearbeitung von Shakespeares Romeo und Julia, mit der die Festwochen ihren diesjährigen Programmreigen eröffnen.

Nun steigt die Konzentration auf Shakespeares Worte nicht eben ins Maßlose, wenn diese von an Seilen baumelnden, im Handstand laufenden oder im Flickflack sich überschlagenden Körperkünstlern hervorgeschleudert werden, wenn Romeo seine zierliche Julia in fünf Meter Höhe kopfunter umschlingt. Aber Shakespeares Sätze sind ja unsterblich und werden also auch dieses Experiment überleben. Weswegen der Abend Zirkusliebhabern mit der Gabe des naiven Blicks durchaus ans kindliche Herz gelegt werden kann.

Aufsehen erregende Drahtseilakte fehlen ebenso wenig wie Tanzchoreografien, eine spektakuläre Bühne (in Form einer halbierten Skateboarder-Halfpipe, auf deren metallischer Fläche die Akteure aus schwindelnder Höhe rutschen). Wie verkündet in solchen Fällen der Prospekt? "Ein Fest für die Sinne."

Womit die Festwochen dem misstrauischen Franz Morak ungefragt unter Beweis stellen, dass sie auch ohne seine Hilfe bei der Auswahl ihrer Produktionen in der Lage sind, die unterschiedlichsten Publikumssegmente zu bedienen. (DER STANDARD, Printausgabe, 9.5.2003)