Im fünften Teil der Interviewreihe zu den ÖH-Wahlen 2003 befragte derStandard.at den Spitzenkandidaten des Liberalen StudentInnenforums (LSF), Florian Schweitzer. Nur noch wenige Tage trennen die KandidatInnen von den Tagen der Wahrheit zwischen dem 20. und 22. Mai, wo die österreichischen Studierenden die Karten in der ÖH neu mischen können. Das LSF möchte bei diesen Wahlen gerne die Verluste wettmachen, das es im Jahr 2001 erlitten hat. Gleich die Hälfte der Mandate ging ihnen damals verloren und sie mussten sich mit zwei Sitzen in der Bundesvertretung, dem bundesweiten Studierendenparlament, zufrieden geben. Florian Schweitzer hat sich vorgenommen, die Zahl der Mandate wieder zu verdoppeln und strebt überdies eine Exekutivbeteiligung des LSF an. Das Interview mit dem Spitzenkandidaten des LSF führte Sonja Fercher.
derStandard.at: Was studierst du?
Florian Schweitzer: Publizistik- und Kommunikationswissenschaft in einer Fächerkombination mit BWL und Psychologie
derStandard.at: Was war die letzte Prüfung, die du gemacht hast?
Florian Schweitzer: Grundzüge der Volkswirtschaftslehre
derStandard.at: Wie finanzierst du deine Studiengebühren?
Florian Schweitzer: Ein Studium kostet viel mehr als 360 Euro pro Semester. Um mir als Oberösterreicher in Wien Wohnen, Essen und sonstiges leisten zu können, muss ich zusätzlich arbeiten. Bei den Studiengebühren helfen mir meine Eltern.
derStandard.at: Wenn die ÖH für einen Tag die Universitäten so umgestalten könnte wie sie wollte, welche fünf Dinge würdest du als Erstes ändern?
Florian Schweitzer: 1.) Der parteipolitische Einfluss auf Lehre und Forschung muss zurückgedrängt werden. Statt dessen sollen sich die österreichischen Universitäten zu autonomen und offenen Bildungseinrichtungen entwickeln.
2.) Universitäten müssen wirtschaftlich effizient geführt werden. Denn eine unabhängige Universität muss in der Lage sein, ihre Angelegenheiten wirtschaftlich wie wissenschaftlich selbst zu managen.
3.)Beihilfen müssen so verteilt/erhöht werden, dass sich jede/jeder ein Studium leisten kann. Der freie Zugang zu Universitäten muss hergestellt werden.
4.) Chancengleichheit im Bildungswesen zu gewährleisten, hat für die Liberalen Priorität! Das bedeutet Gleichheit der Chancen am Start, jedoch nicht die Gleichheit der Ergebnisse am Ziel.
5.) Die Mitbestimmung der Studierenden muss natürlich gestärkt werden.
derStandard.at: Nenne eine Eigenschaft, die deine Fraktion unentbehrlich in der Studierendenpolitik macht.
Florian Schweitzer: Wir stehen für Sachpolitik statt Parteipolitik.
derStandard.at: Welche Partei würdest du zur Zeit am ehesten wählen und warum?
Florian Schweitzer: Ich würde eine liberale Partei wählen, die für Sachpolitik und nicht für Populismus, egal welcher Prägung, steht. Bislang war das immer das Liberale Forum.
derStandard.at: Erzähle drei Beispiele des letzten Semesters, wo du einem/r Studierenden konkret weiterhelfen konntest.
Florian Schweitzer: Ich selbst bin in den letzten zwei Jahren noch nicht in der ÖH gesessen, habe deshalb StudentInnen nur im persönlichen Kontakt im meinem Umfeld helfen können.
Ich habe am Anfang des Sommersemesters einem Studienkollegen aus dem ersten Semester beim Wahl seines Studiums geholfen. Weiters habe ich in den letzten Wochen vielen meiner KollegInnen das Service-Angebot der ÖH nähergebracht und einem Freund gezeigt, wie er Studienbeihilfe beantragen kann.
derStandard.at: Was hältst du von deinen KonkurrentInnen?
Florian Schweitzer: Alle Spitzenkandidaten wirken engagiert und sympathisch. Das macht Hoffnung auf eine gute Zusammenarbeit. VSSTÖ: Haben teilweise sehr gute Arbeit geleistet, aber sind mir ideologisch zu festgefahren. GRAS: Hat teilweise gute Ideen von den Grünen übernommen. Einen ÖH-Vorsitz trauen wir ihnen aber auf Grund der personellen Situation nicht zu. AG: Hat viel Geld von der ÖVP! Was nicht immer ein Vorteil ist. RFS: Der rechte Rand der FPÖ.
derStandard.at: Mit wem würde deine Fraktion am liebsten zusammenarbeiten, sollte sich die absolute Mehrheit für euch nicht ausgehen ;-) ?
Florian Schweitzer: Wir würden natürlich mit der Fraktion am liebsten zusammenarbeiten, mit der wir unserere Konzepte und Ideen durchsetzen können. Uns geht es hauptsächlich um die gute Zusammenarbeit mit den handelnden Personen, und weniger um die Ideologie der Fraktionen. Wir schließen von vornherein nur die Freiheitlichen aus.
derStandard.at: Durch das neue UniG wurde die Mitbestimmung der ÖH beschnitten, es gibt Studiengebühren. Kann denn die ÖH noch tatsächlich was für die Studierenden tun?
Florian Schweitzer: Studiengebühren können wir als ÖH nicht abschaffen. Wir können aber in Verhandlungen mit den Ministerien um jeden Zentimeter in Richtung Verbesserung kämpfen. Am meisten konnten wir durch persönliche Überzeugungsarbeit bei EntscheidungsträgerInnen erreichen. Es muss logische Aufgabe einer Interessenvertretung sein, sich für mehr Mitbestimmung einzusetzen.
derStandard.at: Soll sich die ÖH auch politischen Themen äußern, die nicht direkt die Universitäten betreffen?
Florian Schweitzer: Neben dem Serviceauftrag haben StudentInnenvertretungen aus ihrer Tradition die Pflicht, sich auch ausserhalb der Universität gesellschaftspolitisch zu engagieren. Wir halten mediale Thematisierung und Aktionismus für geeignete Mittel, für mehr Gleichberechtigung und Toleranz einzutreten.
derStandard.at: Es gibt immer mehr Fachhochschulen und schon lange wird immer wieder gefordert, dass die Studiengänge sich stärker an der Praxis orientieren sollen. Wozu brauchen wir überhaupt noch Unis?
Florian Schweitzer: Von anderen Bildungseinrichtungen (zB Fachhochschulen) unterscheidet sich eine Universität dadurch, dass es primär nicht um eine möglichst kurze Berufsausbildung geht, sondern um eine wissenschaftlich fundierte Vermittlung von Wissen.
Ein weiterer Unterschied besteht im Bereich der Forschung: Forschung ist ein unverzichtbarer Bestandteil einer Universität. Fachhochschulen sind eine wichtige und wünschenswerte Bereicherung des Bildungsangebotes, können aber Universitäten nicht ersetzen, weil die Zielsetzung eine andere ist.(sof/rasch/miS)