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Am Donnerstag war Haider bei Klestil, am Freitag Haupt. Der Kärtner Landeshauptmann begrüßte den Vorstoß seines FP-Chefs beim Bundespräsidenten.

foto: reuters/bader

Wien - Freitagfrüh morgens, nach mehr als sechs Stunden Diskussionen und Referaten, standen Herbert Haupt und Jörg Haider friedlich bei einem Bier zusammen und prosteten sich zu - was viele in der FPÖ mit Erleichterung aufnahmen. Die so genannte "Pensionskonferenz" der FPÖ, die auf Initiative Haiders Donnerstagabend im Wiener Rathauskeller angesetzt war, ging zwar ohne konkretes Ergebnis zu Ende, Funktionäre und Parteispitze hatten aber ordentlich Mut getankt - so sehr, dass Vizekanzler Haupt am Freitagvormittag gleich zum Bundespräsidenten eilte, um den Koalitionspartner ÖVP zu ärgern.

In der sechseinhalbstündigen Sitzung wirkte Haider immer wieder auf Haupt ein: Jetzt können wir der ÖVP Stimmen wegnehmen, jetzt können wir uns in Szene setzen, jetzt können wir Muskeln zeigen - eine einzigartige Chance für die FPÖ. "Die Leute rechnen mit uns", schärfte Haider den Abgeordneten ein.

Vor allem der Vorstoß des Bundespräsidenten, der zu einer Verschiebung der Pensionsreform aufgerufen hat, stärkt die Verhandlungsposition der FPÖ. Es wird taktiert. Wenn die ÖVP gesprächsbereit und nachgiebig sei und die FPÖ ihre Positionen durchbringt, dann könne die Pensionsreform wie geplant am 4. Juni beschlossen werden.

Sollte die Volkspartei aber auf stur schalten, dann werde die FPÖ das ebenfalls tun, dann gebe es eben keinen Beschluss. Weder Jörg Haider noch Herbert Haupt wollten sich festlegen lassen. Haider nicht auf die Verschiebung, Haupt nicht auf den 4. Juni. Einig waren sich die beiden aber, dass ein Aufschub auf Herbst wenig Sinn macht. Als Alternativtermin stand der 15. Juli im Raum. Haiders origineller Vorschlag: Der Bundespräsident möge eben die Sommerpause des Parlaments aussetzen. "Außergewöhnliche Situationen erfordern eben außergewöhnliche Maßnahmen." Prinzipiell zeigte sich Haider aber großmütig: Er wolle Herbert Haupt freie Hand lassen, versicherte er.

Drei Punkte will die FPÖ auf jeden Fall durchsetzen, bei der "Pensionskonferenz" wurden sie als maßgebliche Bedingungen formuliert:

  • Die Hacklerregelung muss beibehalten werden, es muss weiterhin möglich sein, nach 40 Jahren ohne Abschläge in Pension zu gehen. Bei kleinen Pensionen darf es in den nächsten fünf Jahren zu gar keiner Verringerung kommen.

  • Die Harmonisierung der Pensionssysteme muss konkret festgelegt werden. Beamte müssen ebenso zur Kasse gebeten werden wie ASVG-Versicherte.

  • Bei den Politikerpensionen muss es gleichzeitig mit den anderen Maßnahmen zu Einsparungen kommen. Eine Erhöhung des Pensionssicherungsbeitrags um zehn bis 20 Prozent ist das Mindeste.
  • Vor der politischen Diskussion Donnerstagabend ließ Haupt zuerst die Experten zu Wort kommen: Theodor Tomandl, Wolfgang Mazal und Franz Kohmaier. Das war kontraproduktiv. Die 150 Zuhörer waren aufgebracht. Insbesondere, als Pensionsexperte Mazal eine Lanze für die Beamten brach, war für das blaue Auditorium eines klar: Jetzt gehen wir die Beamten erst recht an. Allerdings sprach sich rasch herum, dass für einen derart radikalen Eingriff in das Beamtensystem, wie sich das die FPÖ vorstellt, eine Zweidrittelmehrheit notwendig ist. Also wurde beschlossen, auch mit der SPÖ Verhandlungen aufzunehmen.

    Generalsekretärin Magda Bleckmann nannte am Freitag noch eine Gruppe, "die für uns zur Harmonisierung dazugehört" - die 28.000 Bediensteten der Sozialversicherungsträger. Sie stößt sich vor allem an den "Dienstordnungspensionen" im Sozialversicherungsbereich. Demnach bekommen Kassenbedienstete zu ihrer normalen ASVG-Pension eine "Extrapensionsleistung von der Sozialversicherung". Das entspreche einer Betriebspension, müsse also in eine Pensionskasse eingezahlt werden. Bleckmann urgiert Harmonisierung: "Anpassung heißt ja auch Ersparnis." Binnen 20 Jahren wären so 360 bis 540 Millionen Euro lukrierbar.(Lisa Nimmervoll, Michael Völker/DER STANDARD, Printausgabe, 10./11.5.2003)