UHBP ist wieder da. Thomas Klestil hat sich wieder ins Spiel gebracht. Und wie. Wenige Monate vor Ende seiner Amtszeit beherrscht der Bundespräsident schlagartig die heimische Innenpolitik - dank Herbert Haupt, respektive dank Jörg Haider, dem Mann, den er eigentlich immer verhindern wollte.

Klestil und Haider hat ihr gemeinsamer Lieblingsfeind Wolfgang Schüssel zusammengeführt. Mit seinem Vorschlag, eine Verhandlungsrunde zur Pensionsreform einzuberufen, an der Sozialpartner und die politischen Parteien teilnehmen sollten, ist es Klestil gelungen, dem Bundeskanzler rasch noch alles heimzuzahlen, was er an Häme und Missachtung durch diese Bundesregierung hinnehmen musste. Natürlich beruft sich Klestil auf seine große Sorge um die Konsensdemokratie und den sozialen Frieden, es muss aber mehr als ein Schuss Schadenfreude dabei gewesen sein, als er erst "inakzeptable Härten" in der Pensionsreform ortete und ihre Verschiebung forderte, um sich dann an die Einladung zu einem Runden Tisch zu machen.

Für Schüssel ist das eine echte Schmach. Die mahnenden Worte des Präsidenten konnte er noch ignorieren, die Einladung wird er aber nur schwer ausschlagen können - wenn alle anderen sie annehmen. Und sie werden gerne kommen, Schüssel zu Fleiß.

Selbstverständlich genießt Klestil auch bei Grünen, SPÖ und erst recht bei der FPÖ nicht uneingeschränkt hohes Ansehen. In dieser Situation ist der Bundespräsident aber der allseits beliebte und gefeierte Held, ist es ihm als Einzigem doch gelungen, Schüssel wirklich in die Bredouille zu bringen. Der besorgte Blick und die mahnenden Worte haben den Bundeskanzler stärker unter Druck gesetzt, als es etwa dem ÖGB mit seinen Streikaktionen gelungen ist.

Die Stimme des Bundespräsidenten, wenn sie scharf genug erhoben wird, hat eben doch noch Gewicht. Dann sagt auch SP-Chef Alfred Gusenbauer beinahe liebevoll "unser Bundespräsident".

Möglich gemacht hat dies aber Jörg Haider. Er hat sich des formellen Chefs seiner Partei bedient. Herbert Haupt ist wieder einmal umgefallen wie ein Einser. Wem der FPÖ- Chef gerade sein Ohr leiht, dessen Meinung scheint er automatisch zu vertreten.

Am Donnerstag noch verbat er sich die Einmischung des Bundespräsidenten: Klestil habe "eine Meinung, die nicht im Interesse der Österreicherinnen und Österreicher ist". Dann erklärte Haider dem Vizekanzler die Welt, worauf dieser am Freitag in die Hofburg eilte, um den Bundespräsidenten um Hilfe zu bitten.

Es ist ein wenig seltsam, wenn ausgerechnet die FPÖ Klestil nun hochleben lässt. Deren Repräsentanten haben das Staatsoberhaupt immer wieder offensiv herabgewürdigt, beleidigt und diffamiert - mit Duldung der Parteispitze. Der Wiener FP-Obmann Hilmar Kabas bezeichnete Klestil etwa als Lump (oder Hump oder Dump), worauf der Salzburger FP-Chef Karl Schnell noch nachlegte und meinte, Lump sei noch viel zu harmlos für Klestil, "Lumpi nennt man einen Hund". Einig waren sich beide (und viele mehr in der FPÖ), dass Klestil kein echter Österreicher sei.

Jetzt aber greift man gerne auf die Unterstützung des sonst so geschmähten Staatsoberhauptes zurück. Die Taktik ist in der Tat geschickt gewählt: Schüssel steht in dieser Situation alleine da. Er klebt zwar vor Wut an der Decke, kann die FPÖ aber nur schwer in aller Form und Öffentlichkeit maßregeln. Diese hat doch bloß in einer schwierigen Situation aus Sorge um das Land den Staatsnotar konsultiert.

Die FPÖ hat damit den Hebel in der Hand, sich gegenüber dem sonst ohnedies so vereinnahmenden Koalitionspartner durchzusetzen und die Maximalvariante ihrer Forderungen durchzubringen - um die Pensionsreform dann doch noch zum vereinbarten Termin zu beschließen.

Klestil hat zwar zweifellos bewegt, er wird sich dann aber dem Vorwurf ausgesetzt sehen, dass er sich von der FPÖ instrumentalisieren habe lassen - auch wenn ihm die Sympathien der Kronen Zeitung sicher sein mögen.

(DER STANDARD,Printausgabe, 10./11.5.2003)