Im Streit um das ungarische Mediengesetz legt die EU-Kommission nach. Die zuständige EU-Kommissarin Neelie Kroes hat in einem Brief an die ungarische Regierung drei Punkte des neuen Gesetzes beanstandet, teilte ein Kommissionssprecher am Freitag in Brüssel mit: "Einige Regelungen scheinen unangemessen zu sein." Dies ergebe eine vorläufige Untersuchung des Gesetzes. Ungarns Justizminister Tibor Navracsics bekräftigte unterdessen, dass Ungarn zu Änderungen des Gesetzes bereit sei, falls die EU-Kommission Mängel feststelle.

Kritiker aus Politik und Fachkreisen befürchten, dass das Gesetz als Mittel der Medienzensur benutzt werden könne. Das Thema überschattet den Start der ungarischen EU-Ratspräsidentschaft. Kroes' Behörde kritisierte, dass die Kontrolle für ausländische Medien nach dem neuen Gesetz zu strikt sei, die Möglichkeiten einer ausgewogenen Berichterstattung beschränkt und die Registrierungsanforderungen zu hoch seien. Die EU-Kommission habe daher Zweifel, ob das ungarische Gesetz korrekt europäisches Recht umsetzt. "Wir schauen uns auch die Unabhängigkeit der Medien-Aufsichtsbehörde an", sagte der Sprecher der Kommissarin weiter.

Ungarn weist Vorwürfe teilweise zurück

Justizminister Navracsics wies die bisher geäußerten Vorwürfe teilweise zurück. Anders als Brüssel es darstelle, stimme es nicht, dass selbst Videoblogger sich nach dem neuen Gesetz registrieren lassen müssten. Unklarheiten zum Begriff der "Ausgewogenheit" der Berichterstattung, die laut im Gesetz vorgeschrieben ist, wolle Budapest beseitigen. In Ungarn gebe es dazu bereits eine bisher schon angewandte Rechtsauffassung, die man Brüssel erläutern wolle, sagte Navracsics am Freitag am Rande eines informellen Treffens der EU-Justizminister in Budapest.

EU-Kommissionspräsident Jose Manuel Barroso hatte sich zuletzt "beunruhigt" über das Gesetz gezeigt. Die Pressefreiheit sei ein "heiliges Prinzip in der EU". Orban hatte diese Woche im EU-Parlament in Straßburg die Kritik am ungarischen Mediengesetz zurückgewiesen und vor einer "Beleidigung" seines Volkes gewarnt. Allerdings stellte Orban in Aussicht, dass es zu Anpassungen an dem Gesetz kommen werde, sollte es nachweisliche Mängel geben.

Gleichzeitig betonte der Ministerpräsident, dass im ungarischen Mediengesetz keine Sanktionen gegen Unausgewogenheit der Berichterstattung ergriffen werden könnten. Es sei im Zeitalter des Internets auch nicht möglich, Meinungsfreiheit zu unterdrücken. Und die kritisierten hohen Geldstrafen von umgerechnet bis zu 735.000 Euro seien bei Verstößen gegen das Ausgewogenheitsgebot nicht anzuwenden.

Der ungarische Botschafter in Österreich, Vince Szalay-Bobrovniczky, hatte zuletzt die Stellungnahme der Kommission als auch im Interesse Ungarns liegend bezeichnet, "damit wir nicht endlosen Verdächtigungen ausgesetzt sind". (APA)