Zagreb - Die Ermittlungen um die angeblichen kriminellen Machenschaften des kroatischen Ex-Premiers Ivo Sanader zeigen ein Netz, das viele Bereiche der Gesellschaft umspannt haben dürfte. Laut kroatischen Medienberichten hat die Anti-Korruptionsstaatsanwaltschaft USKOK Beweise dafür, dass der Sänger Marko Perkovic, besser bekannt unter seinem Künstlernamen "Thompson", im Sommer 2007 in der kroatischen Zollbehörde war. Angeblich gab ihm dort der ehemalige Zollchef und Ex-Kassier der Regierungspartei Kroatische Demokratische Gemeinschaft (HDZ) 515.000 Euro, um im Wahlkampf für keine Partei aufzutreten.

Thompson, der auch in Kroatien wegen seiner nationalistischen Lieder umstritten ist und dessen Konzerte Anziehungspunkt für die rechte Szene sind, war zu diesem Zeitpunkt Mitglied der rechtsgerichteten Partei HSP (Kroatische Partei des Rechts), berichtete die Tageszeitung "Jutarnji list". Er sollte demnach als Diaspora-Kandidat aufgestellt werden. Das soll Sanader, beziehungsweise die HDZ dazu bewogen haben, einzuschreiten. Denn in Kroatien sind die Stimmen der Diaspora, die eher konservativ wählt, oft wahlentscheidend.

Konzertabsagen

Thompson für die HDZ auftreten zu lassen, wäre nach Überlegungen der Partei schädigend gewesen und hätte sie ins rechte Eck gedrängt. Weil er in der Öffentlichkeit in der faschistischen Ustascha-Bewegung angesiedelt wurde, sich laut "Jutarnji list" auch nie davon distanziert hatte, war Thompson in dieser Zeit auch international unten durch - zahlreiche Konzerte im Ausland wurden abgesagt.

Thompsons Manager hat Medien gegenüber dementiert, dass der Sänger Sanader jemals getroffen habe. Perkovic selbst sagte der Polizei, dass er den Zollchef niemals getroffen habe, berichtete die Zeitung "Vecernji list". Laut dem Blatt kaufte der Sänger in dieser Zeit ein Haus in Zagreb, das in etwa eine halbe Million Euro gekostet haben dürfte.

Der 2009 ohne Angabe von Gründen zurückgetretene Sanader sitzt seit 10. Dezember 2010 in der Justizanstalt Salzburg hinter Gittern. Er hatte Kroatien am 9. Dezember verlassen, kurz bevor seine parlamentarische Immunität aufgehoben wurde. Einen Tag später wurde er auf der Tauernautobahn in St. Michael im Lungau wegen Korruptionsverdachtes aufgrund eines internationalen Haftbefehls festgenommen.

Die Auslieferungshaft wurde am 27. Dezember um vier Wochen verlängert. Die nächste Haftprüfungsverhandlung war für 27. Jänner anberaumt worden. Dieser Termin ist nun entfallen. Als Gründe für die Verlängerung nannte damals die Haft- und Rechtsschutzrichterin des Landesgerichts Salzburg, dass weiterhin Flucht- und Verdunkelungsgefahr bestehe. Lediglich die Tatbegehungsgefahr sei weggefallen.

Die kroatische Justiz wirft Sanader gewerbsmäßigen Betrug, Amtsmissbrauch und Bildung einer kriminellen Vereinigung vor. Durch dubiose Transaktionen über ihm nahe stehende Firmen soll er das kroatische Staatsbudget um sechs Millionen Euro geschädigt haben. Das Geld soll unter anderem in Geheimfonds der heute noch regierenden Partei HDZ geflossen sein. In der Affäre wird auch in Österreich wegen Geldwäsche ermittelt. Eine angebliche Verwicklung in die Affäre um die Kärntner Hypo Alpe Adria hat Sanader bestritten. (APA)