London - Der britische Premierminister David Cameron verliert wegen einer Abhöraffäre seinen Kommunikationschef und wichtigsten Berater. Andy Coulson reichte am Freitag seinen Rücktritt ein. Zuvor hatte die Staatsanwaltschaft die Ermittlungen um die Abhöraffäre aus dem Jahr 2006 angesichts neuer Anklagen wieder aufgenommen.

"Wenn der Sprecher einen Sprecher braucht, ist es Zeit für ihn zu gehen", erklärte Coulson in einer Stellungnahme. Cameron zeigte Verständnis für die Entscheidung, bedauerte sie aber. "Er hat die Medienabteilung sehr professionell geführt", sagte der konservative Regierungschef. Nach der Krise mit dem liberaldemokratischen Koalitionspartner ist die Personalie der nächste Rückschlag in Camerons erstem Regierungsjahr.

Boulevardjournalist

Der frühere Boulevardjournalist Coulson war zuletzt selbst Gegenstand von Medienberichterstattung geworden, weil er in eine nach Jahren wieder aufgeflammte Abhöraffäre verwickelt sein soll und deswegen bei der Polizei aussagen musste. Coulson galt als einer der einflussreichsten Personen in der Downing Street.

Dem 43-Jährigen wird vorgeworfen, während seiner Zeit als leitender Redakteur des Boulevardblattes "News of the World" von illegalen Abhörpraktiken seiner Reporter gewusst zu haben. Er selbst hatte die Mitwisserschaft stets bestritten. Mitarbeiter hatten ihn jedoch dessen bezichtigt.

Die Reporter hatten die Mobiltelefone Prominenter abgehört. Zu den Opfern zählten unter anderem Fußballstar David Beckham und seine Frau Victoria sowie die Prinzen William und Harry. Coulson beteuert, davon nichts gewusst zu haben. Von seinem Posten bei der Zeitung musste er damals dennoch zurücktreten. Später holte ihn der damalige Oppositionsführer Cameron in sein Team.

Während Coulsons Zeit als Chefredakteur der zu Rupert Murdochs Medienimperium gehörenden "News of the World" war es 2006 zu einem Eklat gekommen, als das Büro von Prinz Charles Beschwerde gegen einen möglichen Lauschangriff auf Angehörige der britischen Königsfamilie Beschwerde einlegte. Damals wurde der "News-of-the-World"-Ressortchef über das Königshaus, Clive Goodman, festgenommen und ein Jahr später zu vier Monaten Haft verurteilt. Goodman hat damals betont, er habe auf eigene Faust und ohne das Mitwissen anderer Redakteure gehandelt. Auch ein Privatermittler des Blatts wurde verurteilt. (APA/dapd/dpa)