Fasten am falschen Ort, Klagenhagel von Freund C.: Herr Strunk hatte im Urlaub mit etlichen Unannehmlichkeiten zu kämpfen

Foto: Ph. Rathmer

Das Schlimme am Urlaubmachen ist ja, dass man zwar fortfahren, sich selbst aber nicht entkommen kann. Wer also schon zu Hause nicht besonders happypeppi ist, aus dem wird auch in der Ferne kein Limbotänzer werden.

Strafverschärfend kommt jetzt dazu, dass man speziell als Schriftsteller in den meisten Fällen nicht dafür gebaut ist, das Haus zu verlassen. Die künstlerische Existenz und existenzielle Belastbarkeit schließen sich aus. Angst, Neurosen, Hypochondrie, Selbstmitleid, zwischendurch narzisstische Schübe. Eine Veranlagung zum Größenwahn und dadurch Grüß Gott zu Psychopharmaka und anderen Unterhaltungsdrogen. Mimosenhaftigkeit, Zickentum, Spinner, Eck weg, Klescher. Wer schon einmal auf so etwas war, weiß: Hier ist gerade die Rede von einem Schriftstellertreffen. Schriftsteller sind ja nicht zum Schreiben gekommen, weil sie so viel draußen in der Welt erlebt haben. Die meisten hocken ständig daheim, um dadurch zu vermeiden, draußen mit Anfeindungen wie dem Leben konfrontiert zu werden.

Auch beim Hamburger Autor Heinz Strunk hat man es schon bei seinem Debüt Fleisch ist mein Gemüse geahnt, den Erinnerungen an seine Zeit als an einer Weltkarriere vorbeizuckelnder Tanzmusiker. Der Mann, den alle für einen lustigen Menschen halten, obwohl es wenig zu lachen gibt, mag es gar nicht gern. Was er nicht gern mag? Alles. Speziell Veränderung.

Routine ist ein guter Freund. Sie gibt Halt. Trost gibt es keinen.

Manchmal wacht man nachts wegen eines Albtraums auf: Man hat geträumt, dass man nach Hause kommt - und ein Freund hat eine Überraschungsparty ausgerichtet. Heinz Strunk also fährt nach seiner letzten Glanztat, dem Bestseller Fleckenteufel, der der Geschichte der jugendlichen Autoerotik entscheidende Kapitel hinzufügte, mit seinem Wiener Freund C. nach Afrika. Dort wollen beide in den Weihnachtsferien definitiv nichts erleben, allerhöchstens essen, trinken, geradeaus schauen, ein wenig an einem Drehbuch schreiben. Das geht schief. Wer schon dort war, hätte sie warnen können. Von den vielen Schrecken, die die Welt bietet, ist ein Aufenthalt in einem Tourismusresort nahe der kenianischen Hafenstadt Mombasa sicher nicht der geringste.

Man darf jetzt nicht zu viel erzählen, weil ja eigentlich auch nichts passiert. Die beiden Herren halten einen präzisen Stundenplan zwischen Buffet, Pool, Spielhölle und unerträglichem Leid angesichts miturlaubender deutscher Spießer ein. Strunk verfällt dem Wahn, ausgerechnet an diesem Ort eine Diät zu beginnen. Freund C. kommt dem Versuch, dem heimischen Kabarettisten Christoph Grissemann literarisch aufs Fell zu rücken, sehr nahe. Unter dem Schaffell lauert ein hypochondrischer und zänkischer Wolf, der fünfminütige Verspätungen mit Klagenhagel via SMS bestraft und auch sonst das Häferl gibt. Eventuell literarisch überzeichnet, rettet C. dieses auf jeden Fall ereignisarme Buch mit konsequenter schlechter Laune, Hader und Krankheiten sowie der urguten Idee, nachts in Mombasa während der Vorstufe eines Bürgerkriegs ugandische Austauschstudentinnen kennenzulernen.

In Afrika war der nette Versuch, einmal vom Humoristenalltag Pause zu machen. Zwei ältere Junggesellen mit ihren entsprechenden Schrulligkeiten landen dabei in der Hölle. Die Hölle, das sind sie. Wenigstens als Leser hat man mächtig zu lachen. (Christian Schachinger/ DER STANDARD, Printausgabe, 22./23.1.2011)