Wir sind Überzeugungstäter. Wenn wir Gewissheit erlangt haben, ficht uns kein Zweifel mehr an – und so präsentieren wir falsche Personen.

In unserer elektronischen Bilddatenbank sind derzeit knapp 9,5 Millionen Fotos gespeichert. Die allermeisten sind recht gut beschriftet, sodass es gar nicht so schwer ist, ein Bild zu finden. Problematisch wird es, wenn man sich seiner Sache zu sicher ist und den Begleittext nicht liest – oder dieser lückenhaft ist. In der Überzeugung, wir würden Frau Judit Marte-Huainigg vor uns sehen, haben wir ein Bild zu ihrem Text über das freiwillige soziale Jahr ins Blatt gerückt. Die Abgebildete ist jedoch Frau Katharina Sekulic, die die Erste Group bei einer Veranstaltung des Ehemanns der Gesuchten, Franz-Joseph Huainigg, vertrat. Die Überlegung, unter den Veranstaltungsfotos zu suchen, war wohl nicht unrichtig, ein Treffer war es dennoch nicht. Auch ließen wir einen Johan Siemens die Uraufführung von Elfriede Jelineks Winterreise in München inszenieren. Die sprachliche Präzision der Autorin haben wir darin nicht erreicht, der Regisseur heißt Johan Simons.

Den Bildungsbürger in uns haben wir dieser Tage ganz gut versteckt. „Egon Schiele, 1890 in Krumau geboren, malte rund 40 Bilder von seiner Heimatstadt“, priesen wir Český Krumlov. Schiele und Krumau gehören zusammen, er war aber bereits 21 Jahre alt, als er in die Stadt seiner Mutter zog, zur Welt kam er in Tulln.

Und dann fragten wir noch einen chinesischen Dissidenten, „wie viel weiß Liu Xiaobo über die Verleihung des Literaturnobelpreises an ihn?“ _Die korrekte Antwort gab ein Leser: Darüber weiß er gar nichts, wurde ihm doch der Friedensnobelpreis verliehen.

Es gibt also gute Gründe, sich über ein Bildungsvolksbegehren zu freuen. Wir berichteten über die Auftaktveranstaltung im Museumsquartier und ließen Konrad Paul Liessmann auf der Suche nach seinem Tischplatz eine Zahlenkolumne auf dem Namensschild dechiffrieren. Man stelle sich vor: Einen im Binärcode verfassen Kommentar zum Zeitgeschehen verstehen! Die Übung war einfacher, es ging um eine Zahlenkolonne.(Otto Ranftl, Leserbeauftragter/DER STANDARD, Printausgabe, 22.1.2011)