Kabul - Nach Protesten von Abgeordneten und unter dem Druck westlicher Diplomaten hat Afghanistans Präsident Hamid Karzai am Samstag im Streit um die Parlamentseröffnung nachgegeben. Karsai habe sich bereiterklärt an der auf Mittwoch verschobenen konstituierenden Sitzung des Parlaments teilzunehmen, sagten die Parlamentarier Shukria Baraksai und Gul Pacha Majidi. Der Entscheidung waren mehrstündige Diskussionen im Präsidentenpalast vorausgegangen.

Fix ist der Termin dennoch nicht. Abgeordnete haben am Sonntag weiteren Gesprächsbedarf angemeldet. Wie der Abgeordnete Molawi Rahman Rahmani sagte, wollten die Parlamentarier am Montag mit Karzai noch einmal über den Kompromiss reden.

Für Streit sorgt offenbar die Frage der Anerkennung des Sondergerichts zur Untersuchung von Betrugsvorwürfen bei den Parlamentswahlen im September. Wie aus offiziellen Kreisen zu erfahren war, verlangt Karzai vom Parlament die Anerkennung des Gerichts. Nach Angaben von Rahmani ist jedoch eine Mehrheit dagegen, da die Verfassungmäßigkeit der Errichtung des Tribunals durch Karzai von vielen Abgeordneten bestritten wird.

Sitzung um einen Monat verschoben

Karzai hatte am vergangenen Mittwoch die konstituierende Parlamentssitzung um einen Monat verschoben. Er kam damit einer Forderung eines Tribunals des Obersten Gerichtshofs nach, das mehr Zeit zur Untersuchung von möglichen Wahlbetrugsfällen bei der Parlamentswahl im September verlangte. Die Verschiebung der Sitzung verärgerte Parlamentarier, die ankündigten, am (morgigen) Sonntag zu ihrer Sitzung zusammenzutreten - ob mit oder ohne Zustimmung Karzais. Die Anwesenheit des Präsidenten bei der konstituierenden Sitzung des Parlaments ist aber per Gesetz vorgeschrieben.

Beobachter gehen davon aus, dass Karzai mit dem Ergebnis der Parlamentswahl unzufrieden ist und glaubt, durch Betrug viele Stimmen der Paschtunen verloren zu haben. (APA/dapd)