LittleBigPlanet 2 (Media Molecule/Sony) ist für PlayStation 3 erschienen.

Foto: Sony
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Als "LittleBigPlanet" 2008 erschien, sorgte der Platformer mit seiner liebevollen Aufmachung, seinen frischen Ideen aber vor allem mit dem "Play, Create, Share"-Gedanken für eine tatsächliche Bereicherung der Konsolenspielewelt. Bastler konnten für die knuddeligen Sackboys und Sackgirls nach Belieben eigene Levels und Herausforderungen kreieren und diese Schöpfungen mit Spielern aus aller Welt teilen. Innerhalb von zwei Jahren entstanden so über drei Millionen nutzergenerierte Spielewelten, einige davon wandelten mit viel Geschick sogar das Spielprinzip ab und machten aus einem Jump'n'Run einen Arcade-Shooter oder ein Quizspiel.

Die Welt öffnet sich

Die Fortsetzung "LittleBigPlanet 2" ist nicht nur aus technischer und spielerischer Sicht eine Weiterentwicklung, die Schöpfer haben insbesondere auch dem kreativen Potenzial der Community Rechnung getragen. So stehen Hobby-Entwicklern in einem Baukasten mehr Werkzeuge denn je bereit, um ihre eigenen Ideen in ein Spiel umzusetzen. Das bedeutet, dass man schon in naher Zukunft neben Zusatzlevels eine Fülle von komplett eigenständigen Kreationen wie Shooter, Rennspiele, Rollenspiele, Puzzlespiele oder Adventure in der kleinen großen Welt vorfinden wird. 

Eine Rundschau der Möglichkeiten

Tatsächlich muss man gar nicht auf die Zukunft hoffen. Welche Möglichkeiten LBP 2 bietet, zeigt bereits die Kampagne, die von bis zu vier Spielern vor dem Fernseher oder online gemeinsam bestritten werden darf. Sie erzählt eine familienfreundlich und witzig dargebotene Geschichte rund um den zerstörerischen Oberbösewichten Negativitron, dessen schelmische Pläne von der Spielerallianz durchkreuzt werden müssen, und ist gleichzeitig eine Art Rundschau der vielfältigen Herausforderungen. Ursprünglich als kooperatives Jump'n'Run konzipiert, bilden im Grunde immer neue Geschicklichkeitsprüfungen die Basis jedes kunterbunten Levels. Ähnlich wie bei Super Mario muss man Schluchten überspringen, kleine und größere Fieslinge austricksen oder schwebende Plattformen erklimmen. Doch im Laufe der Zeit führt die Kampagne immer mehr Funktionen, Gadgets und Tricks ein, die das Spielgeschehen variieren lassen. Beispielsweise erhält man zu Beginn einen Greifarm, mit dem man sich wie Tarzan durch die Welten schwingen oder Objekte und andere Spieler heranziehen kann. Später verleiht einem der Gravitron Superkräfte und lässt einen Gegenstände (und auch Mitspieler) durch die Lüfte wirbeln. Derartige Gadgets werden, genauso wie ausgefallenere Schöpfungen wie die Tortenkanone, clever in die gestellten Rätsel eingebaut und regen konstant zum Denken an.

Nur der Anfang

Das Spielprinzip wird stellenweise auch komplett abgeändert, wenn man etwa auf einmal von der Side-Scroll-Perspektive in die Vogelperspektive wechselt und ein Auto oder Mäuserennen (warum auch nicht) startet. Durchbrochen wird der Haupthandlungsstrang von Sidequests - sprich Bonusherausforderungen. Hier spielt man gegen seine Mitstreiter etwa eine Art "Guitar Hero", hüpft auf Sprungbrettern der Giftgaswolke davon oder spielt eine Runde "Pong" oder "Arcanoid". Das Schöne an den Rätseln und Minigames ist, dass sie zumeist genauso alleine wie gemeinsam gelöst werden können.

Derartige Prüfungen und Ablenkungen finden sich bereits zu Hauf auch in der Online-Welt. Sämtliche User-Levels aus dem ersten Teil können bereits zum Start in LBP 2 genutzt werden, viele frische Kreationen entstanden bereits in der Beta-Testphase der vergangenen Monate. Eine verbesserte Suchmaske hilft bei der Filterung nach Genres, Aktualität und Qualität.

Weiterentwicklung und bekannte Macken

Im Vergleich zum Original haben die Entwickler vor allem auf die Anreicherung von Inhalten geachtet. So erstrahlt der neue Planet durch augenschmeichelnde Effekte - vom klebrigen Schleim über natürliches Licht, realistische Physik und flauschig wirkendes Fell - und eine smarte künstliche Intelligenz. Erstmals kann man so genannte Sackbots navigieren und klüger agierende Maschinen bekämpfen (und bauen).

Die Basisnavigation wurde hingegen gleich belassen, was alt bekannte Ärgernisse hervorrufen kann. Etwa sind Sprünge nach wie vor mehr ein Schweben und es kommt wie gehabt ab und zu zu Problemen beim Ebenenwechsel.

Gestalterische Freiheit

Einen Großteil des Reizes macht auch im zweiten Teil die Individualiserung des Charakters aus. Mehr denn je kann man seiner Sackfigur seine persönliche Note aufdrücken: Farben, Kostüme, Accessoires und Sticker gibt es in Hülle und Fülle und werden stetig erweitert. Ausgesprochen gut klappt für weniger Geduldige die automatische Ankleidefunktion, um seinen Schützling in einen Löwen, einen Astronauten oder einen Fernseher zu verwandeln.

Nicht für die Mehrheit der Spieler, aber für einen motivierten kreativen Kern bietet sich der Level-Editor an. In 50 Tutorial-Videos erfährt man, wie man Hindernisparcours baut, Tunnel-Labyrinthe gräbt, einen 2D-Shooter bastelt, ein Billardspiel realisiert oder über Level-Verbinder ganze Spielewelten erschafft. Die Navigation mit dem Analogstick kann mitunter etwas ungenau ausfallen, hier darf man sich auf die künftige Unterstützung des PlayStation-Move-Controllers freuen - einen kleinen Vorgeschmack geben darauf 10 Bonuslevels, die kooperativ mit Move-Controller gemeistert werden können.

Fazit

Dem Charme von "LittleBigPlanet 2" zu widerstehen erfordert eine gehörige Portion an Verbitterung - zu viel gibt es zu sehen, zu erleben und zu lieben. Das heißt nicht, dass diese verzückende Welt frei von Makel ist - der automatische Ebenenwechsel kann im Eifer des Gefechts zum gehörigen Ärgernis werden. Doch für gemeinschaftliche Spieleabende gibt es derzeit kaum etwas vergleichbar Abwechslungsreiches. Dabei ist es egal, ob man nur einmal kurz zwischendurch abtauchen oder eine ganze Nacht durchzocken möchte. Und wenn das Original ein Indiz für das kreative Potenzial der Community war, dann kann LBP 2 dank aufgehobener Grenzen zum "Spiel der Spiele" werden.

(Zsolt Wilhelm, derStandard.at, 23.1.2011)

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