Als der Geistliche John Harvard 1638 in Massachusetts mit seinem Privatvermögen eine Universität stiftete, schlug rückblickend die Stunde der Privatuniversitäten als immer noch gültige Ikonen wissenschaftlicher Exzellenz.

In Österreich erhielt die Webster University, die Wiener Dependance der Privatuniversität gleichen Namens in St. Louis, Missouri, Mitte der 80er-Jahre die staatliche Anerkennung. Sie hat sich seither als Privatinstitut etabliert, zwölf andere sind ihr gefolgt. Aber nur fünf von den insgesamt 13 "Privatuniversitäten" sind auch wirklich privat finanziert, alle anderen existieren, was den Namen betrifft, mit schlampigen Konstruktionen. Österreichisch halt.

Jüngstes Beispiel: Im Wiener Stadtpalais des niederösterreichischen Landesfürsten Erwin Pröll präsentierte dieser, flankiert von zwei Rektoren staatlicher Unis, vage Pläne für eine neue Privatuniversität: für Gesundheitsberufe (=Humanmedizin), medizinische Ökonomie und Medizintechnik. Die Finanzierung wird vom Land Niederösterreich "begleitet". Da die Träger, die Landesklinikenholding und die Life Science GesmbH, Landesgesellschaften sind, ist der Begriff "privat" für die neue Uni nichts anderes als eine Mogelpackung.

Richtig wäre "Medizinische Landesuniversität Krems". Aber das ist selbst dem Landeshauptmann zu minder. Denn man will ja schließlich über Studiengebühren jenseits der 10.000 Euro jährlich auch Geld von Deutschen. Den klingenden Namen Paracelsus hat sich bereits die Salzburger Privatuni unter den Nagel gerissen. Die wird zwar zu zwei Dritteln privat (Sponsoren und Gebühren) finanziert, zu einem Drittel aber vom Salzburger Gemeindeverbund.

Überhaupt sind "privat" und "Privatisierung" zwei Vokabeln, die in der jüngsten österreichischen Geschichte mehr mit Skandalen und Misswirtschaft verbunden sind als mit Effizienz. Von den Bundeswohnungen, an deren Privatisierung Spezis von Karl-Heinz Grasser mitgeschnitten haben, bis zum Wiener Flughafen, wo sich der Kreis zum Land Niederösterreich wieder schließt, sind undurchsichtige Konstruktionen und grenzlegale Geldflüsse das auffälligste Merkmal dieser ursprünglich von Ex-Bundeskanzler Wolfgang Schüssel im Buch Mehr privat - weniger Staat 1983 propagierten Reformwelle.

Bei den staatlichen Universitäten wurde das Wort "privat" durch "autonom" ersetzt. Eigenständig sind auch sie nicht. Erstens, weil ihnen Gebäude und Liegenschaften, in denen sie sitzen, gar nicht gehören. Zweitens, weil sie finanziell nach wie vor völlig vom Finanzminister abhängig sind. Wirklich rühren können sich nur jene Institute, die überwiegend mit Drittmitteln arbeiten, mit Geldern also, die sie über Forschungsaufträge verdienen.

Politiker sprechen bei Betrieben und Instituten, die sie in eine Gesellschaft mit beschränkter Haftung verwandeln, aber selbst weiterhin an den Hebeln und Trögen sitzen, von einer "Teilprivatisierung". Das ist die Existenz eines entlassenen Sträflings, der zwar frei herumläuft, sich aber jenen Tag bei der Polizei melden muss. Oder eine Fußfessel hat. (Gerfried Sperl, DER STANDARD, Printausgabe, 24.1.2011)