Seit 1932 hat die Fianna-Fáil-Partei (wörtlich: die Rotte des Schicksals) das politische Leben in Irland geprägt. Andere Parteien kamen in diesem Zeitraum gleichsam aus Versehen an die Macht und wurden nie wiedergewählt. Es gab in Europa kaum erfolgreichere Parteien mit einer vergleichbaren Kontinuität und Langlebigkeit. Dieser Zyklus nähert sich nun, nach vierzehn ununterbrochenen Jahren an der Macht, seinem Ende.

Die Partei ist in den letzten Wochen im Zeitlupentempo implodiert. Ihr bisheriger Chef, Premierminister Brian Cowen, scheint taub für den kollektiven Wunsch der Wähler, die Partei möglichst bald hart zu bestrafen für den Leichtsinn und die Verantwortungslosigkeit der Vergangenheit. Der Vorwurf der Vetternwirtschaft trifft bestimmt zu, jener der Korruption harrt noch eines schlüssigen Beweises. Die vergangenen paar Tage haben Irlands Politiker der Lächerlichkeit preisgegeben.

Zum ersten Mal seit der Parteigründung im Jahre 1926 ist es irrelevant, wer die Nachfolge Cowens an der Parteispitze antritt. Denn die Fraktion wird nach der Wahl auf höchstens ein Drittel zusammengeschmolzen sein, ja, es steht keineswegs fest, dass Fianna Fáil zur größten Oppositionspartei werden wird. Sinn Féin liegt in den Meinungsumfragen gleichauf. So steht Fianna Fáil an einer ungewöhnlichen Wegkreuzung: langsame Regeneration oder Mistkübel der Geschichte. (Martin Alioth, STANDARD-Printausgabe, 24.01.2011)