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Nelken zum Gedenken an die Opfer des Anschlages.

Foto: REUTERS/Tatyana Makeyeva

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Ein Verwundeter wird von Rettungskräften abtransportiert.

Foto: Reuters/Sinyakov

Amateurvideo auf youtube

Screenshot: Standard

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Eingangsbereich des Flughafens Domodedov. 

Foto: Foto:Alexander Zemlianichenko/AP/dapd

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Im Zug auf dem Weg zum Flughafen.

Foto: REUTERS/Denis Sinyakov

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Feuerwehrautos vor dem Flughafen.

Foto: REUTERS/Sergei Karpukhin

Bei dem verheerenden Selbstmordanschlag am Flughafen Domodedowo in Moskau ist auch ein Österreicher umgekommen, wie das österreichische Außenministerium bestätigte. In einer Aussendung am Dienstag wurde auch der Tod einer zweiten Österreicherin, die bisher als vermisst gegolten hat, "mit größter Wahrscheinlichkeit" angenommen. "Das Außenministerium sowie die österreichische Botschaft in Moskau sind in ständigem Kontakt mit den Behörden in Russland und stehen besorgten Angehörigen jederzeit als Ansprechpartner zur Seite", so die Mitteilung. Bis zum gegenwärtigen Zeitpunkt habe die Identifizierung aller getöteten Opfer noch nicht abgeschlossen werden können.

Der Name des Österreichers stehe auf der Liste der Toten, die das russische Katastrophenschutzministerium bekannt gegeben hat, berichtet Ö1. Der Leichnam ist allerdings noch nicht identifiziert.

Explosion in der Ankunftshalle

Das Selbstmordattentat hat mindestens 35 Todesopfer und mehr als 180 Verletzte gefordert. Die Explosion hatte die Ankunftshalle des internationalen Terminals getroffen. Die Terrorspur führt nach ersten Erkenntnissen in den Nordkaukasus, konkrete Beweise liegen aber noch nicht vor.

Die russische Nachrichtenagentur Ria Novosti berichtet auf ihrer Website, der Anschlag sei vermutlich von zwei Selbstmordattentätern ausgeführt worden. Die beiden Täter - ein Mann und eine Frau - wären bei der Explosion ums Leben gekommen. Die Bombe wurde vermutlich gezündet, als die Frau eine Tasche öffnete. Am Anschlagsort wurde offenbar der Kopf des mutmaßlichen Attentäters gefunden. Es handle sich um einen Mann zwischen 30 und 35 Jahren mit "arabischem Aussehen", berichtete Interfax unter Berufung auf Polizeikreise. Es gibt, laut Ria Novosti, auch Hinweise, dass das Paar von einem weiteren Komplizen zum Flughafen gebracht wurde.

Sicherheitsmängel

Einen Tag nach dem Selbstmordanschlag häufen sich laut Ermittlern Hinweise auf gravierende Sicherheitsmängel auf dem Moskauer Flughafen Domodedowo. Wie RIA Novosti berichtet, hatten Sicherheitsdienste außerdem Hinweise auf einen möglichen Anschlag erhalten. Noch vor dem Anschlag sei die für den Flughafen zuständige Polizeiabteilung wegen chaotischer Zustände in Domodedowo mehrmals kritisiert worden. Die Polizisten hätten teilweise über die Anwesenheit vieler Unbefugter, beispielsweise nicht autorisierter Taxifahrer, hinweggesehen. Nach ersten Befragungen des Personals auf dem Flughafen bestätigten auch Ermittler, dass es im Grunde keine Kontrollen im Warte- und Ankunftsbereich gegeben habe. Die Terroristen hätten keine großen Probleme gehabt, in das Gebäude zu marschieren, sagte der Sprecher der Ermittlungsbehörde, Wladimir Markin. Die Sicherheitsmaßnahmen am Flughafen Domodedowo sollen in letzter Zeit auch durch Einsparungen gelitten haben. Präsident Medwedew kritisierte die Sicherheitsmängel und kündigte eine umfassende Untersuchung an. Der Airport wies die Vorwürfe zurück.

"Alles tun, um Banditen zu identifizieren"

Im Fernsehen drohte Medwedew den Hintermännern des Anschlags mit martialischen Worten. "Wir müssen alles tun, um die Banditen, die dieses Verbrechen begangen haben, zu identifizieren und vor Gericht zu bringen, und um die Nester dieser Banditen zu vernichten", sagte der Präsident. "Der Terrorismus bleibt die größte Sicherheitsbedrohung für unseren Staat." Bei einer Sitzung mit Vertretern des Inlandsgeheimdienstes FSB forderte Medwedew laut Interfax einen deutlich schärferen Anti-Terror-Kampf. Russland brauche mit Blick auf die Olympischen Winterspiele 2014 in Sotschi und andere Großereignisse einen "maximalen Schutz vor Anschlägen".

"Bedrohung für viele Jahre"

Der Russland-Experte Gerhard Mangott betonte in einem Gespräch in der ZIB 2, dass man auch akzeptieren müsse, dass "weiche Ziele" wie Flughäfen kaum vollkommen geschützt werden könnten. Er sieht eine wahrscheinliche Herkunft der Terroristen aus dem Nordkaukasus. Korruption, die schlechte Wirtschaftslage und eine Radikalisierung würden den Boden für Terrorismus in Tschetschenien bereiten. "Russland wird sich daran gewöhnen müssen, dass diese Bedrohung für viele Jahre weiterbestehen wird." Das hänge damit zusammen, dass sich der Widerstand im Nordkaukasus von Tschetschenien auf alle Nachbarrepubliken ausgeweitet hat, und dass der ursprünglich eher säkulare Widerstand, der nur die Unabhängigkeit Tschetscheniens von Russland gefordert habe, nun ein radikaler islamistischer Terrorismus sei und den gesamten Nordkaukasus aus Russland herausbrechen wolle.

"Feinde der anderen Ordnung"

Auch der deutsche Russland-Experte Alexander Rahr geht im Gespräch mit derStandard.at davon aus, dass die Terroristen aus dem Nordkaukasus stammen. Der jetzige Terror komme allerdings nicht aus Tschetschenien, wie das bei den Anschlägen in den 90er Jahren der Fall war, sondern aus den Nachbarrepubliken Dagestan und Iguschetsien, die zwei islamisch geprägtesten Republiken im Nordkaukasus.

Dorthin haben sich radikale Wahhabiten, Anhänger eines sunnitisch geprägten Islams, aus Tschetschenien mittlerweile zurückgezogen und eine Art Kalifat geschaffen, als dessen Führer sich der der tschetschenienstämmige Terrorist Doku Umarow, der sich zu den Attentaten auf den Newski-Express 2009 und auf die Moskauer U-Bahn 2010 bekannte, sieht. Von dort aus würden sie "missionieren" und "expandieren". Wie auch im Irak oder Afghanistan habe es dieser Personenkreis darauf abgesehen, im Land eine Scharia-Ordnung zu etablieren. 

Einen Ausweg aus dem Terrorismusproblem sieht Rahr für Russland vorerst nicht. Russland könne nicht verantworten, die Teilrepubliken in die Unabhängigkeit zu entlassen und damit die Menschen vollends dem radikalen Islamismus auszuliefern. Gegen die "Feinde der anderen Ordnung" fände man kaum ein Rezept. "Die Geheimdienste müssten zumindest international zusammen arbeiten." (red, derStandard.at, 25.1.2011)