Die EU will als Lehre aus dem Dioxin-Skandal die Kontrollen europaweit verschärfen. Die EU-Agrarminister beauftragten bei ihrer Sitzung am Montag in Brüssel Landwirtschaftskommissar Dacian Ciolos, einen Vorschlag auszuarbeiten. Entsprechend den deutschen Plänen soll dabei überprüft werden, dass Fetthersteller die Produktion von Futterfetten und technischen Fetten strikt trennen. Auch ein Dioxin-Monitoring soll es europaweit geben. Österreich hat ein solches System bereits seit Jahren.

Für den Plan der deutschen Agrarministerin Ilse Aigner für eine Positivliste von Stoffen, die in Futterfett enthalten sein darf, sowie die Absicherung des Haftungsrisiko gab es hingegen keinen Konsens unter den 27 Landwirtschaftsministern. Österreichs Vertreter Niki Berlakovich (V) hatte sich für ein "Signal der Beruhigung" angesichts der Aufregung um den Dioxin-Skandal ausgesprochen, auch um das Vertrauen der Konsumenten wieder zu stärken. Er sei dagegen, "Panik zu verbreiten". Vielmehr gehe es darum, künftig mit "Klasse statt Masse" ein "neues europäisches Lebensmittelmodell" zu erarbeiten, wo "jeder seinen fairen Anteil" habe. Dies bedeute aber kein Verbot von Massentierhaltung.

EU-Gesundheitskommissar John Dalli lobte das Krisenmanagement von Deutschland und betonte, es gebe keine unmittelbaren Gesundheitsrisiken für die Verbraucher. Die Kommission habe viel Mühe aufgewendet, um Drittstaaten von ungerechtfertigten Einfuhrverboten abzuhalten. Auch EU-Länder sollten von Restriktionen absehen, da sie sonst dem europäischen Binnenmarkt schadeten. Diese Kritik richtete sich an Ungarn, das zurzeit die EU-Ratspräsidentschaft führt. Die Regierung in Budapest hatte wegen der Dioxinfunde eine Pflicht zur Anmeldung und Kontrolle von Schweinefleischimporten aus Deutschland eingeführt. Ungarn will diese Anordnung jetzt überdenken.

Umdenken gefordert

Berlakovich sagte, derzeit erlebe Europa fast schon jährlich einen Skandal im Ernährungsbereich. Sei es BSE oder Gammelfleisch. "Ich plädiere dafür, dass die gesamte Branche umdenkt, nicht nur Bauern und der Lebensmittelhandel". Wichtig sei es, gegen den schon "mörderischen Konkurrenzkampf" aufzutreten. Wenn man den letzten Cent aus den Lebensmitteln heraus presse, leide die Qualität und der Konsument sei verunsichert.

Österreich sei in vielen Bereichen bereits Vorreiter. Dies betreffe auch die Kontrolle. In Deutschland gebe es eine Kontrollstruktur auf Bundesländerebene, Österreich habe dagegen eine zentrale Behörde, die Lebens- und Futtermittel kontrolliere. Allerdings sei man gegen einzelne "mit enormer krimineller Energie" nicht gefeit. Schwerverbrechen seien ja auch verboten und würden deshalb trotzdem passieren.

Die Kommission habe sich teilweise "reserviert" zu den deutschen Vorschlägen gezeigt. Vor allem gebe es "Handlungsbedarf auf nationaler Ebene". Berlakovich trat neuerlich dafür ein, dass die Kommission mit stabilisierenden Maßnahmen wie der privaten Lagerhaltung oder der Exporterstattung beruhigend eingreife. Immerhin seien auch in Österreich die Schweinepreise um 15 Prozent bis zum heutigen Tag gesunken. Der Schweinemarkt in Europa müsse stabilisiert werden. Österreich habe bereits ein Sofortprogramm für die Schweinebauern aufstellt. "Bei uns ist alles korrekt verlaufen, die Kontrollen funktionieren".

Ein weiteres Schwerpunkthema der Agrarminister war das europaweite Bienensterben. "Unsere Landwirtschaft wäre ohne eine funktionierende Biodiversität durch durch Bestäubung der Pflanzen mit Hilfe der Bienen undenkbar", sagte Berlakovich. Der ungarische Agrarminister und rotierende EU-Ratsvorsitzende Sandor Fazekas bezeichnete den Gesundheitszustand der Honigbienen als "sehr, sehr besorgniserregend". Eine Analyse der Situation soll ein EU-Referenzlabor zur Bienengesundheit bringen, das wahrscheinlich in Frankreich angesiedelt wird. (APA)