Franziska Singer und Ursula Strauss in "Vielleicht in einem anderen Leben".

Foto: Filmladen

Wien - Eine Gruppe ungarischer Juden strandet auf dem Todesmarsch Richtung Konzentrationslager Mauthausen in einem österreichischen Dorf und wird in die Scheune des Bauern Stefan Fasching (Johannes Krisch) gesperrt. Als seine Frau Traudl (Ursula Strauss) erfährt, dass die Häftlinge verhungern, bringt sie ihnen Brot. Zum Dank bietet ihr der ungarische Opernsänger Lou Gandolf (Péter Végh) an, gemeinsam mit den Mitgefangenen die Operette Wiener Blut einzustudieren und vorzuführen. Die Bäuerin willigt ein und versorgt die Ungarn weiterhin heimlich mit Nahrung.

Die österreichische Filmemacherin Elisabeth Scharang hat für ihren Spielfilm Vielleicht in einem anderen Leben Peter Turrinis und Silke Hasslers Theaterstück Jedem das Seine umgearbeitet. Sie versucht in einem Mikrokosmos zu zeigen, was in riesigem Ausmaß passierte. Das Große im Kleinen darzustellen ist eine gute Idee. Man darf jedoch weder das Große aus den Augen verlieren noch das Kleine zu klein geraten lassen.

In Vielleicht in einem anderen Leben passiert beides. Hunderte ungarisch-jüdische Zwangsarbeiter starben in der Endphase des Zweiten Weltkriegs auf Todesmärschen durch Österreich. Diese historischen Zusammenhänge beleuchtet der Film zu wenig.

Gleichzeitig ist die kleine Welt nicht ausgefeilt genug. Natürlich, die Figuren erfüllen ihren Zweck: Der SS-Mann mit vernarbtem Gesicht, der Menschen liquidiert, ohne mit der Wimper zu zucken. Der dämliche Hitlerjunge, der den Hitlergruß vorführt wie ein trainierter Affe. Der aggressive Dorfbewohner, der nur darauf wartet, die Gefangenen zu lynchen. Und auch unter den Häftlingen finden sich zu viele, die nur traurige hohläugige Gesichter machen.

Diese Personen bleiben zu klischeehaft. Vor allem, da die Hauptfiguren im Gegensatz dazu realistisch und dicht gezeichnet sind. Ursula Strauss' Darstellung der Bäuerin, die zu viel Leid erlebt hat, um noch zu weinen, im Herzen aber die Musik liebt und sich mutig gegen eine Welt voller Hass und Schmerz auflehnt, beeindruckt. Auch Krisch, Végh und Franziska Singer als Magd überzeugen. Vielleicht in einem anderen Leben vermag zwar zu bewegen, bleibt aber insgesamt ein etwas zu inhomogenes filmisches Kammerspiel. (Sabina Zeithammer, DER STANDARD - Printausgabe, 25. Jänner 2011)