Brüssel/Wien - Eine gute Woche vor dem nächsten EU-Gipfel, bei dem die Weichen für eine deutliche Stärkung der gemeinsamen Euro-Krisenmechanismen in der Union fallen sollen, treffen einander am Dienstag der Chef der EU-Kommission, José Manuel Barroso, und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel auf Schloss Meseberg in Brandenburg. Der Aussprache der beiden wurde im Vorfeld eine entscheidende Bedeutung in der Frage beigemessen, ob und wie tief die Reformen zur EU-Wirtschafts- und Finanzpolitik gehen werden.

Nach dem Zerfall der Regierung in Irland am Wochenende ist für zusätzliche Spannung gesorgt. Dublin hat eine Euro-Hilfe von insgesamt 67 Milliarden Euro bewilligt bekommen, wenn es ein beinhartes Sparpaket umsetzt. Die entsprechenden Gesetzesbeschlüsse im irischen Parlament stehen aber aus. Die Sache schlittert voll in den Wahlkampf. Die Wahl dürfte im März stattfinden. Dazu kommt, dass Frankreichs Präsident Nicolas Sarkozy wieder kritisierte, dass Irland trotz Budgetnöten für Unternehmen Steueranreize setzt, insbesondere mit der niedrigen Körperschaftssteuer. Die EU-Kommission ist aber "optimistisch", dass die Vereinbarungen halten werden.

Zwischen Barroso und Merkel war es vor zwei Wochen zu einem Zerwürfnis gekommen: Der Portugiese forderte in Brüssel öffentlich eine "Ausweitung" des aktuellen Euro-Rettungsschirmes - die Euro-Staaten garantieren für 440 Milliarden Euro. Und das umgehend. Merkel war empört, sie vertritt eisern den Standpunkt, dass die überschuldeten Länder der Eurozone ihre Spar- und Umstrukturierungsanstrengungen deutlich erhöhen müssen, bevor die bestbewerteten Nettozahler, vor allem Deutschland, immer tiefer in die Tasche greifen. In Berlin stellte Regierungssprecher Steffen Seibert das im Vorfeld des Treffens in Abrede: "Die Beziehung der beiden zueinander ist besser, als es scheint. "

Spannend wird vor allem werden, welche Forderungen Merkel in Bezug auf die gemeinsame "Wirtschaftsregierung", wie auch die Verschärfung des Euro-Stabilitätspaktes stellen wird.

Seitens der EU-Kommission erneuerte Währungskommissar Olli Rehn den Wunsch, dass "wir uns schnellstmöglich auf gemeinsame Maßnahmen einigen", sagte er der Welt. Die Beruhigung der Märkte verschaffe der Union etwas Luft.

Euro und Anleihen erstarken

Die jüngsten Gerüchte um einen flexiblen Einsatz des Euro-Rettungsschirms haben jedenfalls die Kapitalmärkte der peripheren Eurostaaten entspannt. Die Risikoaufschläge auf die fünf Länder Portugal, Irland, Italien, Griechenland und Spanien sind deutlich gefallen, um insgesamt mehr als 20 Prozent seit 10. Jänner. Die Europäische Zentralbank hat ihr Anleihen-Ankaufprogramm vergangene Woche daher auf nur noch 146 Millionen Euro heruntergefahren. Wetten gegen den Euro sind zudem in der vergangenen Tagen an der Chicagoer Derivate-Börse CME um acht Mrd. Dollar zurückgeschraubt worden. Es wird wieder auf einen stärkeren Euro gesetzt. Mit 1,367 notierte er am Montag so hoch wie seit der Rettung Irlands nicht mehr.

Mit den Staatsanleihen werden auch Europas Banken positiver gesehen. So hat sich etwa der Risikoaufschlag spanischer Staatspapieren gegenüber jenen Deutschlands von fast drei Prozentpunkte im Dezember auf zwei Prozent eingeengt. Die Aktien der spanischen Geldinstitute Santander und BBVA sind seit Jahresbeginn um rund 20 Prozent gestiegen. (Thomas Mayer, Lukas Sustala, DER STANDARD, Print-Ausgabe, 25.1.2011)