"Hilfe unter Protest" - so beschreibt Christoph Riedl, Geschäftsführer des Flüchtlingsdienstes der Diakonie, seinen Zugang zur Integrationsarbeit. Riedl geht es nicht ums "Helfen an sich", vielmehr sollen asyl- und migrationspolitische Defizite aufgezeigt und abgefedert werden. Rund 150 ehrenamtliche Mitarbeiter engagieren sich in der Betreuung, Unterbringung sowie der medizinischen und psychotherapeutischen Behandlung von asylsuchenden Flüchtlingen - und Österreichern. Die Einrichtungen befinden sich in Wien, Niederösterreich, Salzburg, Tirol und Kärnten.

Ein besonders ambitioniertes Freiwilligenprojekt von Diakonie und Rotem Kreuz ist Amber-Med, wo Menschen ohne Versicherungsschutz kostenlose medizinische Versorgung und soziale Beratung finden. Die 25 ehrenamtlichen Ärzte, Therapeuten und Dolmetscher versorgen jährlich knapp 1000 Menschen, Tendenz steigend.

In Tirol bietet die Diakonie seit dem Vorjahr eine unabhängige Rechtsberatung für Flüchtlinge und Asylwerber. Die 32 Freiwilligen haben bisher 500 Erstgespräche geführt, 320 Klienten werden derzeit beraten.

Alpine Retter mit schlechter Absicherung 

"Der Wanderer war schlecht ausgerüstet auf der Rax unterwegs, kam in einer Schneerinne zu Sturz und brach sich den Unterschenkel", berichtet Ewald Putz, Ortsstellenleiter der Bergrettung Reichenau, von seinem jüngsten Einsatz. Die Witterung ließ keinen Hubschrauberflug zu, der Verletzte wurde mit dem Rettungsschlitten ins Tal gebracht. Im Vorjahr haben die 105 ehrenamtlichen Rettungsleute in Reichenau 1620 Einsatzstunden geleistet und dabei 63 Personen geborgen.

Klettern, Skitouren und Variantenfahrten - die aus der Sicht von Laien scheinbar gefährlichsten alpinen Aktivitäten - schlagen sich bei den Einsätzen bei weitem nicht so dramatisch nieder wie das Wandern. Immer mehr Alarmierungen werden durch unerfahrene Berggeher ausgelöst, die sich verirrt haben oder mit Herz-Kreislauf-Problemen kämpfen.

Bergretter setzen sich im alpinen Gelände nicht nur freiwillig Gefahren aus, sie haben bislang auch keinen rechtlichen Anspruch auf Lohnfortzahlung oder Sonderurlaub bei Einsätzen und Ausbildung. Bundesweit wurden im Jahr 2009 fast 6200 Menschen vom Österreichischen Bergrettungsdienst geborgen.

Die menschliche Bibliothek

"Living Books" funktioniert wie eine Bibliothek. Die "Bücher" sind jedoch Menschen, die für persönliche Gespräche "ausgeliehen" werden können. "Wir ermöglichen die persönliche Begegnung von Menschen aus verschiedenen Kulturen und Berufsfeldern, die sich im Alltag selten oder gar nicht treffen", erzählt Christian Hortulany, Initiator von Living Books. Die ehrenamtlichen "lebenden Bücher" repräsentieren in erster Linie aktuelle, sozialpolitische "Themen": eine Muslimin mit Kopftuch, ein Asylwerber aus Afrika, eine Polizistin, ein Obdachloser.

Die Gespräche finden anonym und in einem spielerischen Rahmen statt. Im Idealfall wird das Treffen mit Menschen verschiedener Herkunft und mit unterschiedlichen Lebensanschauungen als positive Vielfalt erlebt. Bisher haben mehr als 5000 Teilnehmer aus 60 Ländern österreichweit an einer Living-Books-Veranstaltung teilgenommen. Auf dem Programm stehen auch zielgruppenspezifische Angebote wie etwa "livingbooks@school".

Die Idee einer "Living Library" wurde erstmals im Jahr 2000 beim dänischen Rockfestival Roskilde in die Tat umgesetzt.

Versorgen statt entsorgen

Bis zu drei Tonnen Lebensmittel bringen die Freiwilligen der Wiener Tafel täglich von A nach B, genauer gesagt vom Überfluss zum Mangel. Die Überschusswaren aus Industrie und Handel werden dorthin geliefert, wo sie am dringendsten benötigt werden: in Obdachlosenherbergen, Flüchtlingshäuser oder Mutter-Kind-Heime. Das Transferkonzept zwischen Wegwerf- und Armutsgesellschaft bietet Vorteile für alle: Unternehmen sparen Entsorgungskosten, und das Essen landet auf dem Teller statt im Müll.

Die Wiener Tafel wurde 1999 nach deutschem Vorbild als reine Freiwilligenorganisation gegründet. Heute setzt sich der Verein aus elf (Teilzeit-)Angestellten und etwa 150 Ehrenamtlichen zusammen. "Bei unseren Liefertouren kann jeder anpacken und mitmachen", erklärt Tafel-Ehrenamtskoordinator Michael Zykan die bunte Mischung der Freiwilligen, von der Studentin über den Arbeitslosen bis hin zum UN-Mitarbeiter.

Den Staat will man nicht aus der Pflicht zur Grundversorgung entlassen. Die Tafel versteht sich als ergänzendes Hilfsangebot. Gemeinsam mit der Pannonischen Tafel und der Salzburger Tafel ist ein Dachverband geplant. 

Zuhören, spazieren und Qigong

Mittwoch, neun Uhr früh: Etwa 30 Seniorinnen und Senioren treffen sich unter ehrenamtlicher Leitung für gemeinsame Qigong-Übungen, danach folgt eine Stunde Gedächtnistraining. Jeden ersten und dritten Mittwoch im Monat findet zusätzlich ein "Diabetiker-Treff" statt.

Für das Pflegehospiz Kaisermühlen in Wien-Donaustadt sind Veranstaltungen wie der "Mittwochsclub" eine wichtige Ergänzung zur professionellen Heimpflege - sie bringen Lebensfreude in den oft mühsamen und einsamen Alltag der pflegebedürftigen Menschen. Auch die großen Wohlfahrtsorganisationen, zu denen in Österreich insbesondere die Caritas, das Rote Kreuz, das Österreichische Hilfswerk, die Volkshilfe Österreich und die Diakonie zählen, setzen verstärkt auf Freiwilligentätigkeit.

In den Wiener Pensionisten-Wohnhäusern engagieren sich rund 450 ehrenamtliche Mitarbeiter: Sie hören den Lebensgeschichten der Heimbewohner zu, lesen ihnen vor, begleiten sie zum Arzt und zum Friseur - und tragen damit wesentlich zur Lebensqualität der Bewohner bei. (mac, DER STANDARD; Printausgabe, 25.1.1011)

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