In der Causa "Alpenhof" hatte ein deutscher Urlauber ein Salzburger Hotel online gebucht und war ohne zu zahlen abgereist. Die Gerichte müssen nun entscheiden, ob das Hotel ihn in Österreich klagen kann.

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Wo kann ein Auslandskunde, der eine Dienstleistung online bucht, bei Rechnungsdifferenzen geklagt werden oder selbst klagen? Das hängt von der Gestaltung der Webseite ab, entschied der EuGH in zwei Fällen mit Österreich-Bezug.

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Das Internet hat den grenzüberschreitenden Handel wesentlich erleichtert, gleichzeitig auch eine Fülle von Rechtsfragen geschaffen. Das betrifft etwa die Frage, welches Gericht zur Bereinigung von Streitigkeiten beim grenzüberschreitenden Onlinehandel mit Verbrauchern zuständig ist.

Für die EU-Länder legt die sogenannte EuGVVO den Verbrauchergerichtstand bei grenzüberschreitenden vertraglichen Ansprüchen fest. Der Verbraucher kann dann eine Klage bei seinem eigenen Wohnsitzgericht erheben bzw. der Unternehmer muss die Klage gegen den Verbraucher vor dessen Wohnsitzgericht erheben, sofern der Unternehmer im Mitgliedsstaat des Verbrauchers eine berufliche oder gewerbliche Tätigkeit ausübt oder eine solche dorthin "ausrichtet". Beim Onlinehandel stellte sich die Frage, ob das Betreiben einer Webseite durch einen Unternehmer in einem Staat bereits ein "Ausrichten" auf andere Staaten darstellt und der Unternehmer somit vom Verbraucher im Ausland verklagt werden kann bzw. der Unternehmer den Verbraucher im Ausland klagen muss.

Der Oberste Gerichtshof hat diese Frage in zwei Fällen dem Europäischen Gerichtshof vorgelegt. Der EuGH hat in der Entscheidung vom 7. Dezember 2010 - C-585/08 (Pammer) und C-144/09 (Hotel Alpenhof) - wesentlich zur Klarstellung dieser Frage beigetragen. Im Fall Pammer hat ein Verbraucher aus Österreich online eine Reise bei einem deutschen Reisebüro, im Fall Hotel Alpenhof ein deutscher Verbraucher online Zimmer in einem österreichischen Hotel gebucht. In beiden Fällen gab es Unstimmigkeiten über den Inhalt des Vertrages, und in beiden Fällen wurde die Zuständigkeit des Gerichts beanstandet.

Nach Ansicht des EuGH verlangt das "Ausrichten" auf andere Staaten ein aktives Handeln des Unternehmers, das seine Bereitschaft zum Vertragsabschluss mit Verbrauchern, die in anderen Mitgliedstaaten wohnhaft sind, kundtut. Das ist anhand verschiedenster Anhaltspunkte, nämlich Verwendung verschiedenster Elemente auf der Webseite und deren Kombination, zu beurteilen. Die Tatsache allein, eine Webseite online zu stellen, ist diesbezüglich - so der EuGH - nicht ausreichend.

Einen Anhaltspunkt für das "Ausrichten" auf andere Mitgliedstaaten der EU bildet zum Beispiel ein Hinweis auf den internationalen Charakter der Tätigkeit auf der Website wie "Wir beliefern den gesamteuropäischen Markt" oder "Unsere Kunden finden sich in allen europäischen Staaten". Disclaimer auf der Webseite wie "Wir nehmen nur Bestellungen von Kunden mit Wohnsitz in Österreich entgegen" oder "Lieferungen erfolgen nur an eine Lieferadresse in Österreich" steuern der "Ausrichtung auf andere Mitgliedstaaten" entgegen.

Anhaltspunkt für "Ausrichten"

Anfahrtsbeschreibungen auf der Webseite, wie ein Kunde von anderen Mitgliedstaaten aus zum Firmensitz des Gewerbebetreibenden kommt, stellen einen Anhaltspunkt für das "Ausrichten" dar - die Angabe der E-Mail-Adresse und der reinen Adressdaten hingegen nicht, weil es sich dabei um Informationen handelt, die aufgrund zwingender Bestimmungen des E-Commerce-Gesetzes jedenfalls auf der Webseite zu veröffentlichen sind.

Die Verwendung einer anderen Sprache (z. B. Englisch) oder Währung (z. B. englisches Pfund), insbesondere auch die Möglichkeit der Buchung und Buchungsbestätigung in der Fremdsprache, selbst die Angabe der internationalen Vorwahl vor der Telefonnummer des Gewerbetreibenden oder die Verwendung einer ausländischen Domain (z. B. .fr oder .co.uk) stellen Anhaltspunkte für das "Ausrichten" dar. Daher ist es jedenfalls ratsam, auf der Website den Hinweis +43 zu unterlassen und die .at als Top-Level-Domain zu verwenden, will man das Risiko eines Verbrauchergerichtsstandes im Ausland vermeiden. Auch die neutrale . com-Top-Level-Domain sollte noch kein Indiz darstellen.

Weitere Hinweise auf ein Ausrichten auf einen anderen Mitgliedstaat ist etwa das Platzieren von Werbelinks auf Websites, die in der Trefferliste einer Suchmaschine in einem anderen Staat angezeigt werden.

Eindeutig klargestellt wurde durch den EuGH, dass die bloße Onlinestellung einer Website des Gewerbetreibenden nicht ausreicht, um eine Ausrichtung auf andere Staaten zu begründen - ebenso wenig die Angabe einer elektronischen Adresse oder anderer Adressdaten oder von Online-Werbung, da diese typischerweise weltweit abrufbar ist. (Sabine Fehringer, DER STANDARD, Printausgabe, 26.1.2011)