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"Die Türkei ist ein Durchgangsland und es ist nicht unsere Bestimmung, ein Auffanglager für Flüchtlinge zu werden", sagte Präsident Gül.

Foto: dapd/Lutz

Angesichts des Flüchtlingsdramas an der türkisch-griechischen Grenze hat der türkische Präsident Abdullah Gül zu einer EU-weiten Lösung gemahnt. Das Flüchtlingsproblem sei allen Mitgliedsländern der EU gemein und müsse auch gemeinsam gelöst werden, sagte Gül am Dienstag vor der Parlamentarischen Versammlung des Europarates (PACE) in Straßburg.

Die Türkei habe bereits drastische Maßnahmen ergriffen und stehe im engen Kontakt zu Griechenland und Bulgarien, um Lösungen zu finden. "Die Türkei ist ein Durchgangsland und es ist nicht unsere Bestimmung, ein Auffanglager für Flüchtlinge zu werden", sagte Gül. Griechenland will entlang des Grenzflusses Evros nahe dem griechischen Ort Orestiada und dem türkischen Edirne eine 12,5 Kilometer lange Absperrung errichten. Von Jänner bis November 2010 wurden dort nach Angaben griechischer Behörden rund 32.500 Einwanderer ohne Papiere festgenommen.

Die griechischen Behörden sind mit dem gewaltigen Andrang der Menschen aus Iran, Afghanistan oder anderen zentralasiatischen Ländern an der Grenze völlig überfordert. Die Zustände in den Flüchtlingslagern an der Grenze sind chaotisch und verstoßen sogar gegen die Grundrechte, wie der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte (EGMR) in der vergangenen Woche festgestellt hat.

Warnung vor Rassismus

Gül warnte auch vor einer Zunahme von Rassismus und Fremdenfeindlichkeit in Europa. Nicht zuletzt angesichts der Wirtschaftskrise seien immer mehr Regierungen versucht, eine harte Position gegenüber Einwanderern einzunehmen, sagte er. Dies verschaffe populistischen Parteien am Rande des politischen Spektrums Zulauf. Besonders besorgniserregend sei aber, dass auch traditionelle Parteien zunehmend die populistischen Ängste vor Einwanderung für sich nutzten, sagte Gül.

Gül warnte die europäischen Länder auch vor Abschottungsversuchen. Angesichts der in vielen Staaten alternden Bevölkerung werde Einwanderung weiterhin notwendig sein. Darin seien sich alle Experten einig. "Die Festung Europa ist eine Illusion", sagte Gül. Es sei klar, dass sich die Gesellschaften in Europa immer stärker vermischen würden, und daraus müssten die notwendigen politischen und sozialen Konsequenzen gezogen werden. Überdies gebe es bei der Migration mittlerweile auch Gegenströmungen: Die Türkei etwa sammle erste Erfahrungen mit Einwanderern aus Westeuropa. (APA)