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Die Regierung hat's nicht leicht. Zu den zahlreichen Unzufriedenen im Inland gesellt sich nun auch einer im Ausland: der österreichische Handelsdelegierte in Brasilien, Ingomar Lochschmidt. Der wünscht sich, wie der Kurier berichtete, dass die heimischen Spitzenpolitiker öfter mal bei ihm vorbei schauen - oder, genauer: "Wichtig wäre, dass jedes halbe Jahr ein Minister nach Brasilien reist, am besten immer der gleiche, um den Kontakt zu halten. Die Deutschen, Franzosen und Amerikaner machen das so - nicht nur mit Brasilien, sondern mit allen wichtigen Märkten wie China und Indien."
Brasilien investiert im Vorfeld von Fußball-WM (2014) und Olympischen Sommerspielen in Rio de Janeiro (2016) 52 Milliarden Euro in Infrastruktur und Sportstätten. Angesichts dieser Summe wäre wesentlich mehr zu holen als die eine Milliarde, die die heimische Wirtschaft etwa im Vorjahr nach Brasilien exportierte, darauf wies Lochschmidt via Zeitung dezent hin.
Da wird wohl nun dem einen oder anderen Minister nichts anderes übrig bleiben, als zum Wohle der heimischen Wirtschaft die Reise über den Großen Teich, und zwar in schräger Richtung, anzutreten. Wen wird es treffen? Den Umweltminister? Der könnte sich angesichts seines jüngsten Erlebnisses auf einem Pariser Flughafen als denkbar ungeeignet für den brasilianischen Modus Vivendi erweisen. Wohl schon eher den Wirtschaftsminister, der sich zunächst aber gemeinsam mit dem Vizekanzler und dem Bundespräsidenten in den Fernen Osten begibt. Für ihn spricht, dass er schon im Mai letzten Jahres eine Wirtschaftsdelegation in die russische Stadt Sotschi anführte, wo die Olympischen Winterspiele 2014 stattfinden werden. Gegen ihn spricht, dass er wohl besser - siehe Lochschmidts Expertise - noch öfter fahren sollte, denn 2018 findet dort dann auch eine Fußball-WM statt.
Wer immer auch den Schwarzen Peter zieht, sollte jedenfalls auf der Hut sein. Ausgerechnet ein Hut ist es nämlich, der uns von einem Vorgänger des aktuellen Wirtschaftsministers von dessen Reise nach Kasachstan noch bestens in Erinnerung ist. Auch Fotos wie jene, die auf der letzten Indien-Reise des Vizekanzlers entstanden, finden oft viel später wieder Verwendung, bevorzugt in Wahlkämpfen, und besonders von Seiten des politischen Gegners. Hüten sollten fernreisende Minister aber am besten nicht nur sich selbst vor Fotografen, sondern auch ihre Zunge - wer wüsste das besser als ein ehemaliger Bundeskanzler, der in Argentinien spaßhalber das ganze heimische Parlament zur Siesta-Zone erklärte?
Wie gesagt: Als Regierungsmitglied hat man's halt nicht immer leicht. Aber für ein paar Arbeitsplätze mehr muss wohl das eine oder andere Fettnäpfchen drinnen sein. Und Brasilien erscheint auf den zweiten Blick auch nicht als ganz so heißes Pflaster, wie man vermuten könnte. Einen ulkigen Hut kann man dort sehr leicht mit dem Karneval erklären, und buchstäblich durch den Kakao gezogen zu werden, das macht vermutlich nirgends so viel Spaß wie dort. (derStandard.at, 25.1.2011)