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Garrett Hedlund als Sam in dem Science-Fiction-Film "Tron: Legacy" von Joseph Kosinski.

Foto: AP/Disney/dapd

Wien - Seit die Menschheit ins Computerzeitalter eingetreten ist, hat sich das kulturelle Tempo ganz schön verschärft. Wer würde heute noch mit einem Taschenrechner von anno dazumals die Steuererklärung machen, wer würde seine Texte mit einem Nadeldrucker aufs Papier bringen, wer schaut Filme noch auf einem, Gottchen, Röhrenfernseher? Und doch waren alle diese Dinge gerade noch Bestandteil unserer Lebenswelt, und wenn sie nicht noch voluminös irgendwo in einer Abstellkammer vor sich hin stauben, so sind sie im Gedächtnis als Retrofirlefanz massiv präsent.

Irgendwo in diesem Bereich liegt bei vielen Vertretern der Generation Wickie, Slime und Paiper auch noch ein seltsamer Irrläufer der Filmgeschichte herum: In Tron drang Jeff Bridges 1982 in das Innere eines Computers ein, er betrat also eine virtuelle Welt, die zugleich ein Betriebssystem sein sollte. Das sah damals irgendwie futuristisch aus, wer sich den Film heute noch einmal ansieht, findet ihn vermutlich eher putzig.

Das hat den Disney-Konzern aber nicht daran gehindert, nun eine Fortsetzung herzustellen, in die eine beträchtliche Menge Geld geflossen ist: Tron: Legacy von Joseph Kosinski buddelt dort, wo eigentlich alles bodenlos ist, nach den Grundfesten des Lebens. Das ist ein ziemlich paradoxes Unterfangen, und nur mit dieser Geisteshaltung wird man richtig Spaß an diesem Spektakel haben.

Die Geschichte beginnt damit, dass Sam, der Sohn des legendären Programmierers Kevin Flynn, eine Nachricht aus dem digitalen Paralleluniversum bekommt. Er begibt sich zu einer verstaubten "video arcade" und wird dort tatsächlich sofort in die Welt gebeamt, in der Programme so miteinander streiten und wetteifern, wie Menschen und Weltreiche er hier heraußen tun. Das wichtigste Utensil in diesem Bereich, der ominös "The Grid" heißt, also auch irgendwie ein "Web" ist, ist eine Art Frisbee, das zugleich eine Datenscheibe und eine Superfräse ist - die ersten Aufgaben für den jungen Mann belaufen sich also auf Martial Arts, danach gibt es noch eine akrobatische Wettfahrt mit schweren Zweirädern.

Dies alles eben in der finsteren, von Daft Punk virtuos altväterlich beschallten Welt von Virtualistan, in die nie das Licht der Sonne fällt - womit das Sehnsuchtsmotiv schon benannt ist. Worin besteht nun das Vermächtnis, von dem der Titel Tron: Legacy kündet? Es wird nicht ganz klar, es sei denn, es geht ganz einfach um eine Rehabilitierung der Außenwelt. Kevin Flynn, der Nerd von damals, ist in die Jahre gekommen und versteckt sich nun auf irgendeinem Abstraktionsplateau ganz weit innen im Datennetz, ein Buddhist des Informationszeitalters, der das Rad des Leidens nicht weiter antreiben will.

Erst sein Sohn reißt ihn aus dieser Apathie, und nun kommt die Bewegung in Gang, mit der Tron: Legacy auf vertrackte Weise an Der Herr der Ringe anschließen will: Das "Grid" ist im Grunde Mittelerde für Techies, zwei fahle Welten für brave Buben. So viel Tradition ist dann doch zu viel für einen Film, der eigentlich Science-Fiction sein sollte, der oberflächlich auch so aussieht, von dem als überwältigender Eindruck aber nicht mehr bleibt als ein starkes Gefühl, einer sehr altmodischen Veranstaltung beizuwohnen. Die Zukunft, die erst neulich begann, ist so schnell nach hinten losgegangen, dass das Tron-Vermächtnis am besten in einer Flaschenpost aufgehoben wäre. (Bert Rebhandl/DER STANDARD, Printausgabe, 26. 1. 2011)