Warschau - Nach einem grausamen Mord an einem Fußballfan in Krakau will die polnische Polizei im Kampf gegen Hooligans Einsatzgruppen bilden, kündigte Polizeichef Andrzej Matejuk an. Die Sondereinheiten, der auch Funktionäre der elitären Zentralen Ermittlungsbehörde (CBS) angehören sollen, wollen die oft überforderten Beamten landesweit unterstützen. Es gehe nicht nur um Randale in Stadien, sondern auch um "schwere Kriminalität, darunter Drogenhandel", so Matejuk.

In Krakau, wo am vergangenen Freitag das Opfer beigesetzt wurde, herrscht gespannte Ruhe. Der 30-jährige Cracovia-Anhänger Tomasz Czlowiek war am 17. Jänner mitten am Tag mit rund 60 Macheten-Schlägen und Messerstichen getötet worden. Gazeta Wyborcza schrieb von einer "Hinrichtung". Die Suche nach den Tätern blieb bisher erfolglos. Im Internet mehren sich die Rufe nach Vergeltung, zudem wurde eine Abrechnung mit dem Erzfeind, dem Lokalrivalen Wisla, angekündigt.

Die Feindschaft zwischen Anhängern beider Erstligisten hat eine lange Tradition, und die Opferliste ist lang. Im Mai war bei einer Prügelei zwischen den Fans ein 17-Jähriger, ein Monat später ein 21-Jähriger erstochen worden. Versuche, einen Frieden zu schließen, scheiterten. Krakau ist kein Ausnahmefall. Knapp eineinhalb Jahre vor der EURO sind brutale Schlägereien zwischen verfeindeten Fangruppen keine Seltenheit.

In Lodz hatten sich kurz nach Neujahr rund 150 Hooligans, Anhänger der Lodzer Vereine LKS und Widzew, zu einer Schlacht verabredet. Um die Lage in den Griff zu bekommen, musste die Polizei Verstärkung holen. Erst dann gelang es, die Kämpfenden zu trennen. Ein 24-Jähriger war dabei ums Leben gekommen. Auch in anderen Städten, unter anderem in den EM-Standorten Posen, Danzig und Warschau, gehören Ausschreitungen fast schon zur Normalität.

Die Gewalt ist nicht das einzige Problem. Auch Rassismus und Antisemitismus sind in der Fanszene tief verwurzelt. Bei 80 Prozent der Straftaten stelle aber die Staatsanwaltschaft das Verfahren ein, alarmierte unlängst Gazeta Wyborcza. So kamen Fans von Resovia Rzeszów, die ihre Gegner im Stadion mit einem Spruchband "Tod den krummen Nasen" und einer Juden-Karikatur beleidigten, mit milden Strafen davon.

Die Tatenlosigkeit der Staatsanwälte rief das Außenministerium auf den Plan. Dieses forderte ein härteres Durchgreifen, um "Polens Image in der Welt zu retten". Polens Regierung hat inzwischen den Ernst der Lage erkannt: Es geht um das Prestige des Landes, das während der EM von hunderttausenden Fans aus aller Welt besucht wird. Justizminister Krzysztof Kwiatkowski schlug ein Schnellverfahren für Gewalttäter vor. Sie sollten direkt nach der Festnahme im Stadion verurteilt werden, ein Richter würde per Video-Liveschaltung das Urteil sprechen. (APA, dpa, red - DER STANDARD PRINTAUSGABE 26.1. 2011)