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Wien - Nach den jüngsten Veröffentlichungen der Wiener Wochenzeitung "Falter" über Karl-Heinz Grassers Finanzstrafverfahren und sein undurchsichtiges Firmengeflecht rund um Liechtensteiner Stiftungen mit den klingenden Namen "Silverland" und "Waterland" hat der ehemalige Finanzminister am Mittwoch den gegen ihn ermittelnden Beamten unverhohlen Amtsmissbrauch vorgeworfen. "Seit mehreren Monaten haben die Ermittlungsbehörden zu verantworten, dass ein nichtöffentliches Ermittlungsverfahren de facto zu einem öffentlichen 'Schauprozess' umfunktioniert wird", wetterte Grasser in einem offenen Brief an Justizministerin Claudia Bandion-Ortner (ÖVP).

Ihm werde dadurch "großer wirtschaftlicher Schaden zugefügt und meine Reputation und mein Ansehen in der Öffentlichkeit schwerstens beschädigt", so Grasser in dem vierseitigen, mit 26. Jänner datierten Schreiben, das der APA vorliegt. Dabei habe er "immer und ausschließlich im Interesse unseres Landes gehandelt".

Einmal mehr wären ausschließlich den Ermittlern zugängliche und der Amtsverschwiegenheit unterliegende Unterlagen in die Medien gelangt, die er vertraulich den Beamten übergeben habe, "um ein meines Erachtens völlig willkürlich und nicht korrekt eröffnetes Finanzstrafverfahren aufzuklären". Da diese Unterlagen von der Akteneinsicht ausgenommen sind, "können nur Ermittlungsbeamte die vertraulichen Dokumente an Medien weitergegeben haben, um mich öffentlich zu denunzieren und mir zu schaden", vermutet Grasser.

Ausforschung verlangt

Der Ex-Finanzminister verlangt von Bandion-Ortner, umgehend die Verantwortlichen auszuforschen und gegen diese straf- und disziplinarrechtliche Schritte einzuleiten: "Ich darf Sie, sehr geehrte Frau Bundesminister, daher ersuchen, dafür Sorge zu tragen, dass die Ermittlungen fair und gesetzeskonform geführt werden und so rasch wie möglich zum Abschluss gebracht und die offenkundigen Fehlentwicklungen und Rechtsbrüche in meinem Fall entsprechend geahndet werden." Die Behörden würden mittlerweile seit mehr als 16 Monaten ermitteln, die Dauer des Verfahrens sei ihm "unbegreiflich", hält Grasser fest: "Es geht hier schließlich nicht um komplexe Sachverhalte, sondern vielmehr um die ohne großen Verfahrensaufwand zu beantwortende Frage, ob ich in meiner Verantwortung als Bundesminister für Finanzen Verfahren illegal beeinflusst und/oder irgendeinen finanziellen oder sonstigen Vorteil erhalten habe. Dies war definitiv nicht der Fall."

Darüber hinaus beschwert sich Grasser, "dass ich unter völliger Missachtung der StPO bislang in keinem einzigen Fall vom Gegenstand des gegen mich bestehenden Verdachtes informiert wurde und meinen Beschuldigtenstatus vielmehr aus den Medien erfahren musste". Die Einleitung des Finanzstrafverfahrens bezeichnet er als "eine willkürliche Entscheidung, die gegen rechtsstaatliche Prinzipien verstößt". Er habe die Gründung der liechtensteinischen Stiftung dem zuständigen Finanzamt anlässlich seiner Einkommensteuerveranlagung 2007 freiwillig offengelegt und um Prüfung durch das Finanzamt gebeten. Sein Steuerberater habe sämtliche vom Finanzamt angeforderten Dokumente und Bestätigungen beigebracht und die "außersteuerlichen" Gründe für die Gründung der Stiftung ausführlich dargelegt, so Grasser.

"Völlig korrekt"

Das zuständige Finanzamt habe nach internen Abklärungen den Sachverhalt mit dem Bundesweiten Fachbereich besprochen und befunden, dass die Stiftung steuerlich anzuerkennen sei: "Daraus ergibt sich, dass im vorliegenden Fall weder theoretisch noch praktisch Steuerhinterziehung vorliegen kann, sondern ich proaktiv alles getan habe, um völlig korrekt zu handeln." Vor diesem Hintergrund ein Finanzstrafverfahren einzuleiten, sei "ein in der Republik einzigartiger Fall, der nicht zu rechtfertigen ist", befindet Grasser.

Abschließend setzt sich der Ex-Finanzminister in seinem Schreiben auch mit einer Veranstaltung im Auditorium Maximum der Universität Wien auseinander, bei der in der vergangenen Woche unter regem Publikumszuspruch die Ergebnisse einer von der Justiz genehmigten Telefonüberwachung präsentiert wurden, die Gespräche zwischen Grasser und dessen Trauzeugen Walter Meischberger dokumentierten: "Entsetzt und empört bin ich darüber, dass es in unserem Rechtsstaat möglich ist, streng vertrauliche und geheime Abhörprotokolle von Telefonüberwachungen, die noch dazu unter dem besonderen Schutz des Mediengesetzes stehen, im Audimax der Universität Wien unter Gejohle und Gepfeife der 'Gäste' kabarettistisch vorzutragen. Es ist wohl unstreitig einer funktionierenden Demokratie nicht zuträglich, derartige eindeutige Umgehungen des Gesetzes sanktionslos zur Kenntnis zu nehmen." Dass der bekannte Verfassungsrechtler Heinz Mayer an der "Vorlesung" teilnahm, stößt Grasser offenbar besonders sauer auf: Mayer habe damit "dem Ansehen unseres Rechtsstaates mit Sicherheit einen schlechten Dienst erwiesen". (APA)